Rund 90 Prozent des weltweiten Güterverkehrs werden per Schiff abgewickelt – eine Vervierfachung gegenüber den 1970er Jahren. Die internationale Seeschifffahrt hat den globalen Handel extrem effizient und preiswert gemacht. Trotz des erheblichen Verbesserungsbedarfs insbesondere bei den Schwefel- und Stickoxidemissionen ist das Schiff der mit Abstand umweltfreundlichste Verkehrsträger: Während ein LKW über 200 Gramm CO2 je Tonnen-Kilometer (Transport einer Tonne über einen Kilometer) ausstößt, kommt das Seeschiff mit etwa 15 Gramm CO2 je Tonnen-Kilometer aus. In Europa werden rund 80 Prozent des Im- und Exports über die Häfen der sogenannten Nordrange abgewickelt, zu denen auch die drei großen norddeutschen Seehäfen in Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven gehören. Mit dem 2012 in Betrieb genommenen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven verfügt Niedersachsen über den einzigen deutschen Tiefwasserhafen, der tideunabhängig selbst von den größten Containerschiffen angelaufen werden kann. Damit sind weitere Vertiefungen von Weser und Elbe überflüssig geworden.
Keine weiteren Flussvertiefungen
Insgesamt acht Mal ist die Unterelbe als Zufahrt zum Hamburger Hafen auf inzwischen 14,90 Meter Fahrwassertiefe bisher ausgebaggert worden; eine weitere Vertiefung wird vorbereitet. Der Weser geht es kaum besser: Sie wurde seit Ende des 18. Jahrhunderts insgesamt fünf Mal auf eine aktuelle Tiefe von bis zu 14 Metern ausgebaut. Auch hier droht die nächste Ausbaggerung. Wir GRÜNEN lehnen weitere Vertiefungen von Elbe und Weser eindeutig ab: Sie sind für die Flüsse und ihre Auen nicht nur ökologisch extrem schädlich, sondern gefährden massiv die Deichsicherheit, da die Strömung stärker wird und das Hochwasser der Nordsee schneller und weiter in das Binnenland vordringen kann.
Statt die Hafenkonkurrenz der norddeutschen Bundesländer zu Lasten der Umwelt und der Steuerzahler*innen weiter zuzuspitzen, setzen wir GRÜNEN auf eine norddeutsche Hafenkooperation. Jahrzehntelanges Kirchturmdenken der deutschen Nordseeanrainer-Bundesländer muss endlich zugunsten einer gemeinsamen norddeutschen Hafenpolitik beendet werden. Deshalb arbeiten wir GRÜNEN mit den Nordseeanrainerländern zusammen an der Umsetzung eines gemeinsamen Hafenkonzepts, von dem am Ende alle profitieren und das Deichsicherheit und Natur- und Umweltschutz gewährleistet.
Jade-Weser-Port mit moderner Hinterlandanbindung
In den letzten 20 Jahren hat der weltweite Warenaustausch stark zugenommen. Unsere Seehäfen sind wichtige Knotenpunkte im Güterverkehr. Nahrungsmittel, Handys, Computer und fast jedes Kleidungsstück wird mit dem Schiff zu uns gebracht. Eine der größten Stärken des Hamburger Hafens ist seine funktionierende Hinterlandanbindung: Rund 45 Prozent der ankommenden Güter werden umweltfreundlich von dort über die Schiene ins Hinterland weitertransportiert. Dieser wichtige Standortfaktor einer funktionierenden Hinterlandanbindung fehlt dem niedersächsischen Tiefseehafen in Wilhelmshaven noch und muss dringend nachgebessert werden. Deshalb treten wir GRÜNEN für eine durchgehend zweigleisig ausgebaute elektrifizierte Schienenanbindung des Jade-Weser-Ports ein. Die ersten Teilstücke wurden bereits in Betrieb genommen. Bis 2022 soll das Projekt insgesamt abgeschlossen sein.
Green Shipping: für nachhaltige Schifffahrt
Knapp vier Prozent der EU-weiten CO2-Emissionen sind auf den Schiffsverkehr zurückzuführen. Mit 25 bis 30 Prozent deutlich höher ist jedoch der Anteil der Schifffahrt an den Schwefel- und Stickoxidemissionen: Wesentlicher Grund dafür ist der Einsatz von Schweröl – ein Abfallprodukt der Erdölraffinierung – als Schiffstreibstoff in der Seeschifffahrt.
Wir GRÜNEN haben diese Problematik erkannt und das Kompetenzzentrum für nachhaltige Schifffahrt – das „Green Shipping Competence Center Niedersachsen“ – in Leer und in Elsfleth gemeinsam mit engagierten Kräften aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft auf den Weg gebracht. An diesen Hochschulstandorten werden traditionell die Nachwuchskräfte für den See- und Landeinsatz in der maritimen Wirtschaft ausgebildet. Jetzt entwickelt und testet das neue Zentrum hier beispielsweise neue Schiffsantriebe und Ballastwasserreinigungssysteme. Wir GRÜNEN wollen dem Kompetenzzentrum die erforderlichen Mittel nachhaltig zur Verfügung zu stellen, damit hier kontinuierlich an wichtigen Zukunftstechnologien geforscht werden kann. Wir setzen uns zudem für wirtschaftliche Landstromanschlüsse ein, damit die Schiffe ihren Strom im Hafen nicht selbst mit rußenden Dieselgeneratoren erzeugen müssen. Wir wollen Investitionen in Gastankstellen (LNG) für Seeschiffe vorantreiben. Den mit der Initiative „Hafen +“ der landeseigenen Hafenbetreibergesellschaften Nports in unseren Häfen eingeschlagenen Weg der Energieeinsparungen und des nachhaltigen Wirtschaftens werden wir konsequent weitergehen. Ob energieeffiziente Beleuchtungssysteme, intelligente Logistiklösungen oder Abfallvermeidungsstrategien – dies alles ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern senkt die Kosten und ist damit auch gut für die Landeskasse. Außerdem setzen wir uns auf der Ebene der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO für weltweite Verbesserungen im internationalen Seeverkehr ein, denn die dringend gebotene Reduzierung der Umweltbelastungen der internationalen Seeschifffahrt ist allein national nicht zu lösen.