Familien sind da, wo Kinder sind und da, wo Menschen füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen. Wir stehen für eine Familienpolitik, die Kinder fördert und berufliche und finanzielle Rahmenbedingungen für die sogenannte Care-Arbeit schafft: Wer pflegt, Kinder versorgt und Verantwortung für andere Menschen übernimmt, muss hierbei unterstützt werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass sogenannte Regenbogen- und Patchworkfamilien – also neue Familienformen mit Mehrelternschaft – endlich rechtlich anerkannt werden, beispielsweise im Familien- und Adoptionsrecht. Für uns GRÜNE sind eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, der Kinderschutz und der Ausbau früher Hilfen und Familienzentren sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Eckpfeiler einer guten Familienpolitik (siehe 4.1, Betreuung und Förderung).
Zeit für die Familie geben
Wir setzen uns dafür ein, dass Familien- und Arbeitsleben besser miteinander vereinbart werden können. Hierfür werden wir Initiativen mit den Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften auf den Weg bringen, die familienfreundliche Arbeitszeitmodelle weiterentwickeln und verbreiten. Damit wollen wir Beschäftigten Arbeitszeiten ermöglichen, die zu ihrem Leben passen – etwa um Kinder zu erziehen oder Angehörige zu pflegen. Dem Land kommt hier auch als Arbeitgeber eine besondere Verantwortung zu. Wir wollen, dass Niedersachsen in diesem Bereich eine Vorreiterposition einnimmt. Gleichzeitig müssen Care-Zeiten, also Erziehungs- und Pflegearbeit, bei Einstellungen und bei der Altersvorsorge besser anerkannt werden.
Familien fördern
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, die frühen Hilfen und Familienangebote zu sichern und auszubauen. Für uns ist wichtig, dass die Hilfe da ist, wo auch die Familien sind. Um das zu gewährleisten, müssen Angebote wie Familienzentren, Familienkurse und Familienhebammen konsequent unterstützt und gefördert werden. Hierbei setzen wir uns insbesondere auch für eine Stärkung der Beratung und Unterstützung von Alleinerziehenden und Familien ein, die Trennungen vollziehen. Zudem müssen sich die Träger von Beratungsangeboten verstärkt auch für Regenbogen- und Patchworkfamilien öffnen.
Kinderrechte in die Landesverfassung aufnehmen
Ob es das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung, das Recht auf Beteiligung oder der Kinderschutz ist: Kinder und Jugendliche haben eigene Rechte, die es zu respektieren und zu verteidigen gilt. Sie müssen sich in Gesetzgebungsprozessen ebenso widerspiegeln wie in der Schulstruktur und dem familiären Umfeld. Um diesen Rechten den übergeordneten Rang zu geben, den sie verdienen, setzen wir GRÜNEN uns dafür ein, die Kinderrechte in der Landesverfassung zu verankern.
Mitbestimmung stärken
Wir GRÜNEN stehen für eine Absenkung des Wahlalters auf 14 Jahre und mehr politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Mitbestimmung beginnt im direkten Lebensumfeld. Daher setzen wir GRÜNEN uns dafür ein, vor Ort in allen Bereichen, in denen Kinder unterwegs oder betroffen sind, die Mitsprache von Kindern und Jugendlichen konsequent zu stärken.
Wir GRÜNEN treten für eine jugendgerechte Gesellschaft ein. Wir streiten für die konsequente Umsetzung des Jugendchecks. Das heißt: Alle Gesetzesvorhaben sollen auf ihre Jugendrelevanz hin überprüft werden, um Jugendliche gezielt zu beteiligen. Natürlich müssen auch bei der Umsetzung des Jugendchecks selbst Jugendliche und ihre Verbände beteiligt werden. Um Kinder und Jugendliche für Politik zu begeistern, braucht es mehr zielgruppengerechte Informations- und Mitmachangebote. Hier soll auch der Landtag seine Angebote für Kinder und Jugendliche ausbauen.
Mit der Kinderkommission haben wir eine Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche und ihre Rechte in Niedersachsen etabliert. Diese setzt sich insbesondere für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Kommunen und im Land ein. Mit der Wiedereinrichtung des Landesjugendhilfeausschusses und des Landesjugendamtes haben wir die Expert*innen wieder an den landespolitischen Entscheidungsprozessen beteiligt und dem Thema Kinder, Jugend und Familie eine übergeordnete Struktur gegeben. Diese Instrumente werden wir auch zukünftig fördern und weiterentwickeln.
Freiräume für Kinder und Jugendliche erhalten
Kinder und Jugendliche brauchen für ihre Entwicklung Zeit sowie Raum für Selbsterfahrung. Hierfür kommt der Jugendarbeit eine zentrale Rolle zu. Sie unterstützt das ehrenamtliche Engagement von Kindern und Jugendlichen und schafft ein vielfältiges Spektrum von Angeboten für junge Menschen. Die wichtige Arbeit der vielfältigen Jugendverbände und Träger der Jugendarbeit werden wir weiterhin fördern: Dazu zählt eine bedarfsgerechte Erhöhung der Zuwendungen und eine Verstetigung von Projektmitteln ebenso wie der Abbau bürokratischer Hürden. Zudem setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, ehrenamtliches Engagement in Beruf und Ausbildung anzuerkennen und die Gewährung von Sonderurlaub zu erleichtern. Wir wollen darüber hinaus, dass auch in Schule und Studium Freistellungen und Anerkennungszeiten für ehrenamtliches Engagement besser ermöglicht werden.
Die Angebote der politischen Jugendbildung müssen weiterentwickelt und ausgebaut werden. Hier kommt der neuen Landeszentrale für politische Bildung eine wichtige Funktion zu. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, die Angebote des „Freiwilligen Sozialen Jahres Politik“ auszuweiten, um noch mehr junge Menschen für Politik zu begeistern.
Neben der Jugendverbandsarbeit sehen wir öffentliche Freiräume ohne Konsumbindung wie Jugendzentren, Skateplätze und offene Treffs als wichtiges Angebot. Wir setzen uns – frei nach dem Motto „Spielplatz statt Parkplatz“ – dafür ein, Kommunen bei dem Erhalt und der Schaffung von Spiel-, Aufenthalts- und Bewegungsflächen zu unterstützen.
Kinderarmut entgegenwirken
Die Kinderarmut in Deutschland steigt – und das trotz wirtschaftlich guter Gesamtlage. In Niedersachsen leben knapp zweihunderttausend Kinder von Hartz IV. Wir GRÜNEN setzen uns für eine bundesweite Kindergrundsicherung ein und haben uns hierzu auf Bundesebene stark gemacht. Wir werden auch weiterhin auf Landesebene alle Möglichkeiten nutzen, um die Einführung der Kindergrundsicherung voranzutreiben und somit jedes Kind finanziell abzusichern und aus dem Hartz-IV-Bezug zu holen. Gleichzeitig werden wir uns im Land und im Bund dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen zur Teilhabe zu verbessern. Hierzu gehört vor allem auch der Zugang zu Bildung und zum gesellschaftlichen Leben. Wir GRÜNEN haben das Ziel, Ausgrenzung zu überwinden und eine funktionierende, allen zugängliche Infrastruktur zu schaffen, statt Kinder und Jugendliche durch Gutscheinsysteme zu stigmatisieren.
Jugendhilfe ist unverzichtbar
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich auf allen Ebenen gegen Sparmaßnahmen in der Jugendhilfe ein. Für uns GRÜNE ist Inklusion auch im Jugendhilfebereich wichtig. Deshalb unterstützen wir das Ansinnen, das Jugendhilferecht inklusiv zu gestalten und die Rahmenbedingungen hier zu verbessern. Mit der notwendigen Veränderung des Jugendhilferechts dürfen aber nicht versteckte Sparmaßnahmen einhergehen. Eine Beendigung der Leistungen nach Jugendhilferecht (SGB VIII) mit 18 Jahren lehnen wir ab. Auch als junge Erwachsene müssen sie weiter begleitet werden können. Darüber hinaus halten wir den Ausschluss unbegleiteter, minderjähriger Geflüchteter von den Leistungen des Jugendhilferechts für kontraproduktiv.
Wir GRÜNEN setzen uns auf Bundesebene für die Unterstützung der Entwicklung niedrigschwelliger Beratungsangebote für Kinder und Jugendliche auch in den Hilfen zur Erziehung („Hilfe zur Entwicklung“) ein. Wir wollen das Angebot von Ombudschaften, also Beschwerdestellen für Kinder, Jugendliche und Familien, auf allen Ebenen ausbauen und stärken. Zudem muss die wichtige Arbeit der Jugendwerkstätten gesichert werden. Wir GRÜNEN unterstützen ambulante Maßnahmen der Jugendhilfe und wollen die Hilfe für straffällig gewordene Jugendliche weiter ausbauen. Wir stehen konsequent hinter dem Leitprinzip „Jugendhilfe statt Knast“ und werden hierfür weiterhin die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
Schnittstelle Schule und Jugendhilfe
Jugendhilfe muss alle Kinder mitnehmen, sei es über gute Rahmenbedingungen für die Inklusion, das Vermitteln interkultureller Kompetenzen oder durch die Überwindung von Kinderarmut. Dabei kommt der Jugendhilfe im Ganztagsschulbetrieb eine zentrale Bedeutung zu. Hier muss die Schnittstelle von Land, Kommune, Jugendhilfeträger und Schule verbessert werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden die wichtige Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe auf Augenhöhe weiterentwickeln und stärken.
Kinderschutz ernst nehmen
Mit der Forderung nach einem Kinderschutzfördergesetz wollen wir GRÜNEN dafür sorgen, dass Niedersachsen einen großen Schritt zur Ausweitung und Stärkung des Kinderschutzes geht. Auch zukünftig werden wir den Kinderschutz in allen Bereichen konsequent umsetzen und weiterentwickeln. Dazu wollen wir die Kommunen noch stärker unterstützen, Kinderschutzkonzepte zu etablieren. Wir setzen uns für die Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle für Kinderschutzeinrichtungen ein, die mit Kindern arbeiten, die Gewalterfahrungen gemacht haben.
Kindergesundheit stärken
AAuch im Gesundheitswesen muss der Kinderschutz vorangetrieben werden. Deshalb setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, das Berechnungssystem im Kindergesundheitswesen zu verbessern und weiterzuentwickeln. Ferner muss der präventive Kinderschutz um psychosoziale Gesundheit erweitert werden. Nichtraucher*innenschutz und Drogenprävention bei Kindern und Jugendlichen müssen weiterhin eine zentrale Rolle zukommen. Zudem werden wir die wichtige Arbeit der Kinderhospize weiterhin unterstützen und fördern.