Als eines der wenigen Länder hat Deutschland nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima politi- sche Konsequenzen gezogen, die Laufzeitverlängerungen der CDU/FDP-Regierung zurückgenommen und einen erneuten Atomausstiegsbeschluss bis 2022 gefasst.
Dennoch ist der Atomausstieg in Deutschland noch nicht vollendet, im Zuge der Klima-Debatte ver- mehren sich die Stimmen, die vermeintlichen Vorteile derAtomkraft thematisieren. Der Atomaus- stieg ist auch nicht vollendet, weil sowohl die Urananreicherung als auch die Brennelemente-Fabrik in Lingen unbegrenzt weiterlaufen könnten. Rechtliche Chancen zur Laufzeitreduzierung in
Netzaus- baugebieten gerade in Niedersachsen werden von CDU-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann blo- ckiert. Die Rückbau-Prozesse an den AKW-Standorten erfahren vor Ort häufig starke Kritik, der Um- gang mit leicht radioaktiven Bauteilen aus dem Abriss und dem Bauschutt führt zu Debatten um um- strittene Freigrenzen. Auch sind viele Probleme im Umgang mit dem mittel- und
hochradioaktivem Atommüll nicht annähernd gelöst. 1900 Castorbehälter und Berge von mittel— und schwachradioak- tivem Atommüll bedeuten eine gigantische Zukunftsaufgabe, der wir uns auch als Grüne stellen müs- sen. Kompromisse bei diesem Thema gehen zu Lasten künftiger Generationen. Schlussendlich ist die Finanzierung der Atommüllentsorgung bei Zwischen- und Endlagerung durch eine Nachschusspflicht auf die Allgemeinheit übertragen worden, sollte der Atom-Fonds nicht ausreichen.
Viele andere Staaten in der EU aber auch weltweit ignorieren diese Probleme weiterhin. Deutsch- land muss sich gemeinsam mit anderen Staaten, die die Nutzung der Atomkraft ablehnen, als Bot- schafter für ein atomkraft-freies Zusammenleben engagieren. Der Euratom-Vertrag in seiner jetzigen Fassung muss weg. Dieses veraltete Vertragswerk bedarf dringend einer Reform. Entgegen jeglicher wirtschaftlicher Rationalität werden neue Atomkraftwerke geplant und gebaut, den Zweck dieses Vertrags ist immer noch die Förderung der Atomkraft. Die Querbezüge zum militärischen Sektor sind offensichtlich. Solange Deutschland jedoch weiter an der Urananreicherung und Brennelemente-Pro- duktion festhält, ist der Atomausstieg inkonsequent und kann keine Überzeugungskraft auf andere Staaten entfalten. Auch in der EU propagieren einige Mitgliedsstaaten im Zusammenhang mit Klima- schutz die vermeintlich CO2-freie Atomkraft. Doch nur
die erneuerbaren Energien sind ein Garant für Umwelt- und Klimaschutz, Atomkraft birgt unbeherrschbare Gefahren und unlösbare Probleme, betrachtet man diegesamte Produktionskette vom Uranabbau bis zur Entsorgung in einer Million Jahren ist sie alles andere als CO2-neutral.
Diese Botschaften müssen gerade von der Grünen-Fraktion aus Deutschland im Europäischen Parla- ment weiter engagiert vorangetrieben werden.
Die Landesdelegiertenkonferenz in Niedersachsen beschließt: Den Atomausstieg konsequent vollenden
Wir fordern
• den Ausstieg aus der Atomkraft im Grundgesetz zuverankern
• für den Weiterbetrieb der alternden AKWs bis 2022 höchste Sicherheitsstandardeinzuhalten
• keine Laufzeitübertragungen auf AKWs in Netzausbaugebieten zu genehmigen, die das Netz für Erneuer- bareverstopfen
• den Rückbau verantwortungsvoll und mit Beteiligung der Bevölkerungdurchzuführen
• das Ende der Produktion von nuklearem Brennstoff (Lingen) und der Urananreicherung (Gronau) durchzusetzen und bis dahin ein Export-Stopp für Schrotreaktoren wie Tihange zu verhängen
Mit dem Atommüll verantwortungsvoll umgehen
Wir fordern
• die Zwischenlagerung sicherheitstechnisch nach dem neusten Stand von Wissenschaft und Forschung aufzurüsten und Reparaturkonzepte und Modelle für den eventuell nötigen Neu- bau zuentwickeln
• eine gesellschaftliche Debatte dazu zu führen und eine Zwischenlager- Kommission einzurich- ten
• die Endlagersuche mit wissenschaftlicher Sorgfalt, der dafür nötigen Zeit und einer ergebnis- wirksamen Beteiligung der Bevölkerung weiterzuführen, unabhängig von denKosten
• zu allen Schritten der Endlagersuche Transparenz herzustellen, um eine Nachvollziehbarkeit und Kontrolle der Schritte zugewährleisten.
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Den EURATOM Vertrag reformieren:
Wir verlangen, dass
• jegliche finanzielle Förderung von Atomkraftnutzung der EU und der Mitgliedsstaaten been- det wird
• erhöhte Sicherheitsstandards europaweit gesetzt und kontrolliertwerden
• eine schadensabdeckende Versicherung der AKW eingeführtwird
• die Forschung für neue Reaktorgenerationen eingestellt wird, an der auch Deutschland betei- ligt ist
• erhöhte Sicherheitsstandard für den Umgang mit dem Atommüll europaweit entwickelt wer- den
• die Fusionstechnologie deren – unwahrscheinliche – Verwirklichung unbeherrschbare Folgeprobleme für Umwelt und Gesundheit schaffen würde, nicht weiter betrieben werden darf
Wir setzen uns für eine europäische Solarunion ein, die ausschließlich auf umwelt- und klima- freundliche Energieträger setzt.