Kunst und Kultur tragen wesentlich dazu bei, die Welt zu verstehen und unseren Horizont zu erweitern. Sie bieten uns Perspektiven für die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft. Kunst und Kultur schaffen Reflexionsorte für gesellschaftliche Entwicklungen und sind zugleich Impulsgeber für Neues. Sie gestalten gesellschaftliche Prozesse und fördern Integration und Teilhabe. Kunst und Kultur sind elementare Bausteine offener und demokratischer Gesellschaften.
Kultur ist für uns GRÜNE daher keine beliebige Zutat für ein schönes Leben, sondern dessen notwendige Voraussetzung. Kultur ist zudem ein harter Standortfaktor, Teil der Daseinsvorsorge und entscheidend für die Lebensqualität in unserem Land und den Kommunen. Deshalb treten wir GRÜNEN dafür ein, die finanzielle Förderung von Kultur weiter zu verbessern.
Kultur setzt zudem wichtige wirtschaftliche Impulse. So ist Kulturförderung stets auch Wirtschaftsförderung. In der Kultur- und Kreativwirtschaft Niedersachsens sind über 100.000 Menschen tätig (siehe Kapitel 7, Wirtschaft).
Kulturelle Vielfalt und Teilhabe stärken
Für uns GRÜNE ist die kulturelle Vielfalt Ausdruck gesellschaftlicher Stärke. Kultur kann laut oder leise, mutig oder vorsichtig, grell oder dezent sein. Sie darf irritieren und provozieren.
Der Zugang zu Kultur darf nicht abhängig von Elternhaus oder Einkommen sein. Teilhabe stärken heißt für uns auch, die Kulturvermittlung zu stärken und mehr Menschen zu ermöglichen, selber künstlerisch tätig zu werden.
Eine lebendige und breite Kulturszene braucht die großen Institutionen genauso wie die vielen kleinen Kultureinrichtungen, experimentelle Freiräume und neue Formate. Wir GRÜNEN unterstützen, dass sich Menschen den öffentlichen Raum mehr und mehr auch als Kulturort aneignen und damit die Lebensqualität ihrer Kommune, ihres Quartiers steigern.
Auch in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und Verunsicherung sind die Museen, Bibliotheken und Theater als etablierte Stätten von besonderer Bedeutung. Wir GRÜNEN wollen insbesondere ihre Funktion als Orte kritischer gesellschaftspolitischer Auseinandersetzung und als Häuser lebendiger Demokratie weiter fördern.
Für die kulturelle Bildung und Teilhabe tragen alle Akteure der Kultur Verantwortung. Ihre Angebote in allen Sparten ermöglichen es Menschen, aktiv am kulturellen Leben teilzuhaben und es mitzugestalten.
Um kulturelle Vielfalt und Teilhabe zu fördern, haben wir beides in die Zielvereinbarungen mit den Kulturträgern aufgenommen. So verlassen auch die Landeseinrichtungen immer häufiger ihre „klassischen Tempel“ und entwickeln neue spannende Angebote für alte und neue Zielgruppen.
Wir GRÜNEN haben in Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass die Kulturförderung in Niedersachsen insgesamt breiter aufgestellt und die Kultureinrichtungen an der konzeptionellen Weiterentwicklung der Förderung beteiligt werden. So hat die Landesregierung die Unterstützung der Soziokultur ausgebaut und die Einbindung der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur bei der Mittelvergabe verstärkt. Diesen Weg wollen wir engagiert weitergehen.
Die Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung (LKJ) bringt über 30 Einrichtungen und Initiativen zusammen. Ihre Arbeit mit Schulen, in Freiwilligendiensten und die Vernetzung werden wir auch weiterhin stärken. Wir wollen kulturelle Bildung und Teilhabe im schulischen Kontext besser verankern. Diesem Anspruch wollen wir auch im wachsenden Ganztagsschulbetrieb gerecht werden. Hier ist die Inspiration durch freischaffende Künstler*innen ein wichtiger Bestandteil kultureller Bildung, der abgesichert und finanziell entsprechend honoriert werden muss.
In Zeiten einer bunter werdenden Gesellschaft wollen wir GRÜNEN möglichst viele Menschen aus verschiedenen Milieus und Generationen zusammenbringen und transkulturelle Kompetenzen und interkulturelle Begegnungen fördern. Im landesweiten Interkulturforum „Cross Culture“ hat Niedersachsen den Dialog mit Träger*innen und Expert*innen organisiert, um gemeinsam zu erarbeiten, welche Integrationsleistungen Kultur erbringen kann und wie sie dafür aufgestellt werden muss. Kultureinrichtungen machen sich für die Integration und Aufnahme von Geflüchteten und Migrant*innen stark, dafür haben wir zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Diese Arbeit unterstützen wir GRÜNEN auch weiterhin nachhaltig.
Mehr Kultur wagen
Kunst und Kultur setzen sich heute mehr denn je mit gesellschaftlichen Prozessen auseinander. Sie erforschen sie aus unterschiedlichen Perspektiven und mit vielfältigen künstlerischen Ansätzen, weshalb sich die Genregrenzen immer mehr verflüssigen.
Dieses kreative Potenzial wollen wir fördern und die Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Verbänden, Kulturinstitutionen und -akteuren immer selbstverständlicher werden lassen. Wenn sich etwa soziokulturelle Zentren und Museen für konkrete Projekte zusammentun und auf der Basis ihrer jeweiligen Kompetenzen und Sichtweisen gemeinsam ein Thema erkunden, werden wirkungsvolle Projekte und zukunftsweisende Formate entstehen.
Gute Bedingungen für Kulturschaffende
Kreativität braucht ein anregendes Umfeld und gute Rahmenbedingungen für Kulturschaffende – wie entsprechende Infrastruktur, Räume, Fördermöglichkeiten, Beratung und Vernetzungsangebote. Vor allem auch faire Arbeitsverhältnisse und auskömmliche Entgelte. Deshalb unterstützen wir die Forderung der Theaterschaffenden nach Honoraruntergrenzen und des Bundes Bildender Künstler (BBK) nach angemessenen Ausstellungshonoraren.
Wir GRÜNEN haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Kulturverbände gestärkt werden, die die freie Kulturszene begleiten und konzeptionell wie programmatisch unterstützen. Auch bei der Vergabe der Fördermittel binden wir den Sachverstand der Verbände stärker ein.
Die Fachverbände und ihre Mitglieder brauchen Verlässlichkeit und Kontinuität. Daher hat die Landesregierung nicht nur die Förderung für alle Verbände ausgeweitet, sondern das Film- und Medienbüro und die Landesarbeitsgemeinschaften „Rock“ sowie „Jugend und Film“ erstmals in die institutionelle Förderung aufgenommen. Außerdem wurden die investiven Mittel für einzelne Sparten erhöht. Wir setzen uns weiterhin für eine bedarfsgerechte und dynamisierte Finanzierung dieser Arbeit ein.
Projektförderung ist ein wichtiges Instrument der Kulturförderung. Sie kann zielorientiert und flexibel wirken. Sie ist jedoch kein Ersatz für institutionelle Förderung, zumal sie mit ihren bürokratischen Regelungen auch die Arbeit hemmen kann. Daher setzen wir uns für geeignete Vereinfachungen und Entlastungen ein. Um einerseits innovative Formate zu fördern und neue Zielgruppen anzusprechen und andererseits bestehende erfolgreiche Projekte weiterführen zu können, brauchen wir mehr freie Mittel. Dabei wollen wir auch neue Ideen und Bereiche, wie die bildende Kunst, Tanz und performative Projekte, in den Blick nehmen.
Darstellende Künste fördern
Niedersachsen erfreut sich einer bunten Theaterlandschaft mit vielfältigen Theatern, Bühnen und Festivals. Wir wollen den Prozess der Öffnung für neue Publikumsschichten konsequent fortsetzen. Dazu haben wir in den vergangenen Jahren die Förderung der Theater deutlich erhöht. Mit den Staats- und den Stadttheatern wurden mehrjährige Zielvereinbarungen abgeschlossen, um ihnen Planungssicherheit zu geben. Darüber hinaus brauchen auch die freien und die kommunalen Theater weiter Unterstützung, insbesondere bei Investitionen.
Die Freien Theater setzen neue Impulse und tragen zu einem vielfältigen Theaterangebot und einem breiten Theaterverständnis im ganzen Land bei. Wir GRÜNEN haben in Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass die Förderung der Freien Theater in den vergangenen Jahren erhöht wurde und wir unterstützen den Wunsch nach einer gezielten Strukturförderung. Auch zukünftig setzen wir uns dafür ein, dass sich die Arbeitsbedingungen für Theaterschaffende und -gruppen aus der freien Szene verbessern.
Museen stärken
Seien es die drei landeseigenen Museen oder die Vielzahl der kommunalen oder von Vereinen getragenen Einrichtungen – ob Kunst oder Technik, Tradition oder Zukunft: Niedersachsen ist durch ein vielgestaltiges Angebot geprägt. Diesen Reichtum möchten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhalten und weiterentwickeln. Wir stehen für innovative Ausstellungskonzepte und zeitgemäße Vermittlungsformate, um die Menschen an unterschiedliche Darstellungsformen und Verständnisse von Kunst heranzuführen. Museen sind zugleich Orte des gesellschaftlichen Gedächtnisses, der Bewahrung und Forschung sowie der Vermittlung mit kinder- und erwachsenenpädagogischen Angeboten. Um mehr Menschen für Museen zu begeistern, wollen wir, dass Museen auch kostenlose Eintrittszeiten anbieten.
Mit dem Museumsgütesiegel gibt es ein anerkanntes Verfahren zur Qualitätssicherung für Museen. Wir unterstützen die niedersächsischen Museen dabei, an dem Gütesiegelprozess erfolgreich teilzunehmen.
Das Land engagiert sich dank grüner Regierungspolitik für die Aufklärungsarbeit über die Herkunft von NS-Raubkunst. So wurde das Netzwerk Provenienzforschung eingerichtet, das die Aufarbeitung des nationalsozialistischen Kunstraubs unterstützt und den Museen bei der Klärung der Herkunft von Kunstgegenständen hilft. Mit dem bundesweit einmaligen „Leitfaden zum Erwerb für Museumsgut“ steht den Museen zudem eine wichtige Arbeitshilfe zur Verfügung. Diese wichtige Arbeit muss fortgeführt werden.
Bildende Künste voranbringen
Die Kunstschulen in Niedersachsen leisten wertvolle Beiträge zur Vermittlung von Kunst und sind wichtige Multiplikatoren vor Ort. Wir wollen die Förderung auf Landesebene weiter absichern und zukunftsweisende Projekte wie „Kunstschule im Kontext“ fördern. Sie tragen dazu bei, die Kunstschulen zu qualifizieren, mehr kulturelle Teilhabe für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene zu ermöglichen.
Noch immer stehen die bildenden Künste häufig für die „Brotlosigkeit“ des Kunstbetriebes. Wir müssen daher weiter an der Verbesserung der gesetzlichen und sozialen Rahmenbedingungen arbeiten. Wir unterstützen die Forderung von Künstler*innen nach angemessenen Ausstellungshonoraren und Ankäufen von Kunstwerken für den öffentlichen Raum.
Wir wollen gemeinsam mit den Künstler*innen neue Wege finden, wie innovative und experimentelle Ausstellungen, Galeriekonzepte und Formate weiter vorangebracht werden können und auch regionale Künstler*innen zusätzliche Aufmerksamkeit bekommen.
Musik verbindet
Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass das Musikalisierungsprogramm der Musikschulen und die Initiative „Musikland Niedersachsen“ weiterentwickelt und auf breitere Füße gestellt wurden. Mit der Aufnahme der LAG „Rock“ in die institutionelle Förderung konnten zudem neue, zeitgemäße Akzente gesetzt werden. Für uns ist Popularmusik in all ihren Facetten eine wichtige Kunstform und ihre Förderung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesellschaft und für die Integration sinnvoll und notwendig. Musikclubs beherbergen bunte Musikszenen und sind für den Erhalt des vielfältigen Kulturlebens unverzichtbare Orte. Wir wollen die lebendigen Clubkulturen erhalten und Standorte sichern. Bei Konflikten mit Anwohner*innen muss für einen fairen Interessenausgleich gesorgt und das Baurecht entsprechend weiterentwickelt werden. Wir wünschen uns mehr Toleranz für kulturelle Veranstaltungen unter freiem Himmel – denn auch das gehört zu einer lebendigen Kulturszene.
Gerade Jugendliche feiern gern ungezwungener und spontan. Um diese Jugendkultur nicht an die Ränder zu drängen, begrüßen wir Maßnahmen für verbesserte Freiraumangebote – zum Beispiel für Free Open Airs, die auch spontane Nutzungen ermöglichen. Langwierige administrative Verfahren und Auflagen zur Anmeldung dieser Veranstaltungen sollen vereinfacht werden. Wir wollen den Übergang vom Amateur- in den Profibereich, zum Beispiel in der Popmusik, noch besser unterstützen, um ambitionierte Künstler*innen in Niedersachsen zu halten.
Literatur und Leseförderung
Wir GRÜNEN werden auch zukünftig die Literaturszene in Niedersachsen fördern und dabei insbesondere neuen Autor*innen eine Plattform geben. Die Literaturbüros, -zentren und -häuser bieten auch außerhalb der Stadtzentren Vorträge, Lesungen und Projekte an. Mit dem neuen Buchhandelspreis werden Buchhandlungen gewürdigt, die sich in besonderem Maße für Kulturvermittlung, kulturelle Teilhabe und Teilnahme einsetzen. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt für uns GRÜNE in der Leseförderung, um Kindern und Jugendlichen Literatur näher zu bringen.
Filmförderung
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen die kulturelle Filmförderung, um auch Projekten jenseits des kommerziellen Mainstreams Raum und Möglichkeiten zu geben. Ein wichtiger Beitrag für die kulturelle Filmförderung sind die niedersächsischen Filmfestivals, die durch grüne Regierungspolitik dauerhaft besser gefördert werden. Darüber hinaus wurde die Organisation der Film- und Medienförderung über die Nordmedia neu aufgestellt. Wir setzen uns dafür ein, auch die inhaltliche Förderung weiterzuentwickeln und mehr Vielfalt, Innovation und Experimentierfreude zu ermöglichen. Auch dafür wurde das Film- und Medienbüro in die institutionelle Förderung aufgenommen.
Die LAG „Jugend und Film“ engagiert sich bei der Vermittlung von Medienkompetenz und vernetzt die Arbeit von bestehenden kulturellen Initiativen und Veranstaltungszentren und qualifiziert diese. Die Landesregierung hat durch grünes Engagement die Förderung der LAG erhöht und verstetigt. Das Mobile Kino Niedersachsen ist ein weiterer wichtiger Beitrag der LAG „Jugend und Film“. Damit wird großes Kino auch in Orte gebracht, die sonst keinen Zugang zur Filmwelt haben.
Kultur stärkt ländliche Räume
Gerade die kleineren Städte und Dörfer Niedersachsens verfügen über gepflegte kulturelle Traditionen und eine erstaunliche Vielfalt. So ist die Breitenkultur mit ihrer großen ehrenamtlichen Basis in Niedersachsen besonders ausgeprägt. Ohne nichtstaatliche Einrichtungen und ohne Ehrenamt ist in der Fläche eine gute Versorgung mit kulturellen Angeboten kaum möglich.
Wir GRÜNEN stärken die Kulturarbeit und setzen uns erfolgreich für Erhalt und Ausbau der kulturellen Infrastruktur ein. Lokale Kulturarbeit muss auf solide Füße gestellt werden. Wir haben daher dafür gesorgt, dass die Kulturförderung weiterentwickelt wurde, brauchen aber darüber hinaus eine Ausweitung der Kulturförderung, um auch zukünftige Herausforderungen zu bestehen. Schwerpunkte müssen dabei im ländlichen Raum bei der Soziokultur, den freien Trägern, liegen. Vielerorts gibt es bereits erfolgreiche Modelle zur Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement. Wir setzen uns für Austausch, Vernetzung und die Übertragung guter Best-Practice-Modelle auf andere Regionen ein. Einen Beitrag für die regionale Kulturförderung, besonders in ländlichen Räumen, leisten die Landschaftsverbände sowie die Regionalberatungen der LAG „Soziokultur“.
Zu den regionalen Förderprojekten gehören für uns GRÜNE auch Literatur-, Theater- und Filmprojekte in Niederdeutsch (also Platt) bzw. saterländischem Friesisch. Wi, de Gruinen, wullt ok, dat Bökers, Theater un Filme op Platt makt werden kunnt un dat die ok de Knete un de Expertise vun Land kreigen. Auch andere Minderheitensprachen wie Romanes wollen wir unterstützen und ihre Pflege fördern.
Wir wollen zudem Anreize für regionale Kulturentwicklung schaffen, damit vorhandene Potenziale besser erkannt, gepflegt und gebündelt werden können. Dazu wollen wir den interkommunalen Austausch und die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene unterstützen.
Baudenkmäler erhalten
Niedersachsen ist reich an bedeutenden Baudenkmälern aus unterschiedlichen Epochen. Die Bewahrung dieses Erbes stellt die Gegenwart immer wieder neu vor Herausforderungen – insbesondere in finanz- und haushaltspolitischer Hinsicht. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, um die Vereinbarkeit von Denkmalschutz und energetischer Gebäudesanierung zu verbessern. Dies betrifft auch die Förderung der Denkmalpflege bei Denkmälern in Privatbesitz.