Die duale Ausbildung mit den beiden Lernorten Betrieb und Berufsschule ist auch in Niedersachsen ein Erfolgsmodell. Sie bietet vielen jungen Menschen eine berufliche Qualifizierung, sichert der Wirtschaft den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs und trägt dazu bei, dass bei uns die Jugendarbeitslosigkeit
deutlich geringer ist als in vielen europäischen Ländern. Die duale Berufsausbildung gerät jedoch von zwei Seiten zunehmend unter Druck: Aufgrund des demografischen Wandels nimmt die Zahl der Schulabgänger*innen deutlich ab und gleichzeitig sinkt der Anteil derjenigen, die sich für eine duale Ausbildung entscheiden. Wir werden daher die Betriebe und Berufsbildenden Schulen dabei unterstützen, wirksame Konzepte zu entwickeln, damit der Fachkräftenachwuchs gesichert bleibt.
Recht auf Ausbildung weiter umsetzen
Nach wie vor ist der Anteil eines Jahrgangs, der ohne qualifizierten Berufsabschluss auf den Arbeitsmarkt kommt, mit rund 20 Prozent sehr hoch. Eine Ursache dieses Problems ist die wachsende Zahl von Betrieben, die nicht ausbilden. Zudem verlassen zu viele Jugendliche das allgemeinbildende Schulsystem ohne die notwendigen Voraussetzungen für eine duale Berufsausbildung.
Die Wirtschaft ist in der Pflicht, sich einerseits stärker um die Ausbildung des eigenen Nachwuchses zu kümmern und zudem die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern. Die GRÜNEN setzen sich dafür ein, den gesellschaftlichen Stellenwert der dualen Berufsausbildung zu verbessern. Gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern wollen wir das Bündnis für duale Ausbildung fortführen, um die Nachwuchsschwierigkeiten der Unternehmen zu mildern.
Wir setzen uns dafür ein, dass in Städten und insbesondere in ländlichen Regionen Unterstützungsangebote im Übergang zwischen Schule und Beruf nachhaltig entwickelt, kommunal koordiniert und besser aufeinander abgestimmt werden. Um die Vermittlung von Ausbildungsverhältnissen zu verbessern und Jugendliche nicht länger unversorgt zu lassen, haben wir GRÜNEN in Niedersachsen Jugendberufsagenturen auf den Weg gebracht. Mit einem Modellprojekt zur Ausbildungsplatzgarantie wollen wir zudem in ausgewählten Kommunen erproben, wie ein passgenauer Übergang von Schule in Ausbildung sowohl in der Stadt als auch im ländlichen Raum besser gelingen kann.
Um der wachsenden Ungerechtigkeit zu begegnen, dass zwar alle Betriebe von Fachkräften profitieren, aber nur rund zwanzig Prozent ausbilden, setzen wir uns für einen finanziellen Ausgleich zugunsten der ausbildenden Unternehmen ein. Mit der Ausbildungsumlage im Altenpflegebereich hat Niedersachsen hier bereits gute Erfahrungen gesammelt.
Dennoch wird es auch weiterhin Jugendliche geben, die keinen Ausbildungsplatz finden. Für diese Jugendlichen werden wir neue Formen der über- und außerbetrieblichen Ausbildung einführen und ausbauen. Alle Jugendlichen müssen die Chance erhalten, einen vollwertigen Berufsabschluss zu erlangen.
Zudem fordern wir, dass das Erlangen von Meisterabschlüssen zukünftig kostenlos möglich ist. Darüber hinaus muss die Durchlässigkeit zwischen Studium und betrieblicher Ausbildung weiter verbessert werden (siehe Kapitel 4, Bildung).
Berufsbildende Schulen
Wir GRÜNEN setzen uns für die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung ein. Die berufliche Bildung steht in einem Flächenland wie Niedersachsen vor der Herausforderung, wohnortnah qualitativ hochwertige Angebote zu erhalten.
Mit dem Bündnis für duale Berufsausbildung haben sich alle relevanten Akteur*innen beteiligt und Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung gegeben. Diese Handlungsempfehlungen gilt es nun, schrittweise umzusetzen. Hierbei ist unser Ziel, die regionale Zusammenarbeit noch weiter zu stärken und die berufsbildenden Schulen kontinuierlich an die Entwicklungen vor Ort anzupassen.
Vor allem in den Berufsbildenden Schulen ist die Unterrichtsversorgung nach wie vor unzureichend und droht, sich weiter zu verschlechtern. Um dem Lehrermangel zu begegnen, werden wir eine Fachkräfteinitiative starten, um den Lehrberuf an berufsbildenden Schulen für Quereinsteiger*innen aus Handwerk und Industrie attraktiver zu machen. Lange Zeit hielten berufsbildende Schulen Lehrerstellen unbesetzt, um für Krankheitsfälle, Elternzeiten oder bestimmte Fachkräfte eine unbesetzte Stelle frei zu haben und besetzen zu können. Da jede Schule für sich allein diese Vorkehrungen getroffen hat, blieben zu viele Stellen unbesetzt. Deshalb muss es ein landesweit abgestimmtes Verfahren zum Stellenausgleich geben, um möglichst wenige Stellen unbesetzt zu
lassen. Hierbei muss aber auch die Eigenverantwortlichkeit der regionalen Kompetenzzentren im Bereich der Stellenbesetzung erhalten bleiben.
Inklusion an den berufsbildenden Schulen
Gerade die Berufsschulen leisten im Bereich der Inklusion seit Jahrzehnten eine wichtige Arbeit und haben in Teilen eine Vorreiterrolle eingenommen. Wir GRÜNEN setzen uns dafür ein, die Inklusion in der beruflichen Bildung auch im Schulgesetz zu verankern, um rechtliche Verbindlichkeit und gute Rahmenbedingungen zu definieren. Wir wollen die personellen und finanziellen Rahmenbedingungen für einen Ausbau des gemeinsamen Unterrichts an allen berufsbildenden Schulformen schaffen. Dafür sind eine entsprechende Fortbildungsinitiative für Lehrer*innen und die Weiterentwicklung der sonderpädagogischen Unterstützung notwendig. Schulen und Schulträger müssen bei der Einrichtung von inklusiven Lerngruppen beraten und unterstützt werden.
SPRINT fortführen und weiterentwickeln
Die berufsbildenden Schulen nehmen bei der Arbeitsmarktintegration von jungen Geflüchteten eine Schlüsselrolle ein. Hier wurden in den letzten Jahren effektive Strukturen geschaffen, um die geflüchteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu integrieren, sie auf eine Ausbildung vorzubereiten und zu einem
Ausbildungsabschluss zu begleiten. Damit hat SPRINT, das Sprach- und Integrationsprojekt der Landesregierung für jugendliche Flüchtlinge Vorbildcharakter auch für andere Schulformen und soll weiterentwickelt und gestärkt werden. Zudem brauchen auch berufsbildende Schulen verstärkt personelle Unterstützung, um diese Aufgabe erfüllen zu können.