Sind die Grünen eine Partei, die das Thema soziale Gerechtigkeit glaubwürdig vertreten kann?
Jürgen: Wir Grünen wollen prekäre Beschäftigung mindern durch einen gesetzlichen Mindestlohn. Damit wird dem massenhaften und teuren Aufstocken ein Riegel vorgeschoben. Wir machen mit der Bürgerversicherung der Zwei-Klassen-Medizin ein Ende. Und wir wollen Normal- und Geringverdiener entlasten. Dann zahlen 90 Prozent der Menschen weniger Einkommenssteuer. Aber wir wollen keine neuen Schulden, und deshalb müssen die oberen 10 Prozent etwas mehr zahlen. Ihre Steuerlast steigt um 1 bis 2 Prozent. Wir wollen Schulden sogar abbauen, dazu soll das oberste Prozent mit einer zehnjährigen Vermögensabgabe beitragen. So geht Gerechtigkeit.
Katja: Auf jeden Fall können wir das. Wir trauen unserer Wählerschaft zu, gesamtgesellschaftlich zu denken und Verantwortung auch in finanzieller Hinsicht zu übernehmen. Einer der Gründe, warum uns Grünen hohe Glaubwürdigkeitswerte zugeschrieben werden. Beim Thema Kinderarmut beispielsweise versprechen wir im Gegensatz zu Merkel nicht einfach eine Kindergelderhöhung ohne Gegenfinanzierung. Stattdessen nehmen wir uns den Familienleistungsausgleich als Ganzes vor. So beseitigen wir die ungerechten Effekte der Kinderfreibeträge und des Ehegattensplitting und sorgen gleichzeitig dafür, dass der geplante Einstieg in die Kindergrundsicherung finanzierbar ist. Das ist dann nicht nur gerecht, sondern auch glaubwürdig.
Mehr Transparenz bei den Rüstungsexporten – ist das durchsetzbar und würde das zu weniger Exporten führen?
Katja: In diesem Bereich herrscht soviel Geheimniskrämerei auch gegenüber dem Parlament, dass eine Kontrolle der Regierung praktisch nicht möglich ist. Wir Grüne haben deshalb in dieser Legislatur Eckpunkte für eine Rüstungsexportkontrollgesetz beschlossen, mit denen wir vor allem transparentere Verfahren, höhere Verbindlichkeit von Menschenrechtskriterien und die Einführung einer Verbandsklage durchsetzen wollen. Immerhin hat die SPD unserem Antrag zugestimmt. Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesregierung bei einem Zwang zur öffentlichen Begründung in etlichen Fällen anders entscheiden würde.
Schwarz-Gelb fährt die Energiewende gegen die Wand. Ist der Zug abgefahren, um die von uns gesteckten Ziele zu erreichen und was müssen wir dafür tun?
Jürgen: Merkel steht beim Klimaschutz auf der Bremse und lässt ihre Minister Rösler und Altmaier die Energiewende durch Verteuerung vorsätzlich sabotieren. In Europa blockiert Merkel ambitionierte Vebrauchsobergrenzen und zerstört den Emissionshandel. Wir brauchen ein neues europäisches Klimaschutzziel und verbindliche Energieeffzienzziele. Wir müssen das EEG von den Subventionen für die Agrarindustrie und Banken befreien und die Subvention für Kohlestrom beenden. Dann kann die Energiewende ein Erfolg werden, bei der weit mehr als die heutigen 400 000 Menschen Arbeit finden. So geht Energiewende.
Euer Tipp für die Wahl?
Katja: Rot-Grün – was sonst?
Jürgen: Mit mehr als 6 Millionen grünen Wählerinnen und Wählern beenden wir Schwarz-Gelb und sorgen – wie schon in Niedersachsen – für eine rot-grüne Mehrheit.
Dieses Interview ist in den Grüne Zeiten Juli 2013 erschienen.
Die Fragen stellte Katja Sauer