Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass in Deutschland heute deutlich weniger Insekten durch die Luft fliegen als noch vor 27 Jahren. Damit liefern sie Beweise für ein Insektensterben in Deutschland. Über Jahre hinweg haben die Forscherinnen und Forscher des Enthomologischen Vereins Krefeld – einer Gruppe ehrenamtlich und nach anerkannten wissenschaftlichen Standards arbeitender Insektenforscher – an unterschiedlichen Standorten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg Fluginsekten wie Schmetterlinge, Bienen oder Wespen mit Netzfallen gefangen. Dabei stellten sie fest: Das Gesamtgewicht der gefangenen Insekten hat kontinuierlich abgenommen. 75 Prozent weniger als 27 Jahre zuvor wog der Fang an den Standorten im Schnitt. Das lässt zwar nicht den Umkehrschluss zu, dass es 75 Prozent weniger Insekten gibt als 1989. Schließlich wiegen die Insekten ja auch unterschiedlich viel. Dennoch ist die Zahl erschreckend hoch.
Erst recht, wenn man bedenkt: Die Insektenfallen wurden überwiegend in Naturschutzgebieten aufgestellt. Dort sind die Insekten in der Regel direkten negativen Umwelteinflüssen wie Pestiziden (Glyphosat oder Neonikotinoide z.B.) gar nicht ausgesetzt. Wie es also um den Bestand von Fluginsekten in ganz Deutschland aussieht, also auch außerhalb von Naturschutzgebieten, mag man sich gar nicht vorstellen.
Die Erderwärmung nutzt Insekten eher, als dass sie ihnen schadet. So dürften klimatische Veränderungen als Ursache eher ausscheiden. Inzwischen herrscht weitestgehend Einigkeit in der Wissenschaft über die Hauptursache für das Insektensterben: Die industrielle Landwirtschaft hat durch großflächige Monokulturen, Erosion, Stickstoffüberschüsse aus Düngung oder Massentierhaltung und Belastungen aus dem massiven Pestizideinsatz einen entscheidenden Anteil am Insektensterben in Deutschland.
Die Ergebnisse der Krefelder Insektenkundlerinnen und Insektenkundler wurden inzwischen durch andere Untersuchungen bestätigt, allerdings gibt es nur wenige Untersuchungen über einen derart langen Zeitraum.
Welche Folgen hat das Insektensterben in Deutschland?
Kinder lernen schon in der Schule: Bienen sind wichtig. Denn Bienen bestäuben zum Beispiel über ein Drittel der Pflanzen, die Nahrungsmittel für uns produzieren: Äpfel, Birnen oder Kirschen gäbe es ohne die Bestäubung durch Bienen (und andere Insekten) nicht. Deshalb ist die Biene unser wichtigstes Nutztier. Ohne Schweine- oder Hähnchenfleisch, auch ohne Milch und Eier können wir gut leben. Ohne Pflanzen die von der Bestäubung durch Wild- oder Honigbienen abhängig sind aber nicht.
Außerdem stehen die Insekten am Anfang der Nahrungskette. Die meisten Vogelarten sind zumindest in bestimmten Lebensphasen von Insekten abhängig: Die Schwalbe, die Insekten im Flug fängt oder die Kohlmeise während der Jungenaufzucht zum Beispiel. Deshalb dürfte der Rückgang der Insektenbestände die wesentliche Ursache sein, dass der Bestand der Brutvögel in Deutschland in den letzten zwölf Jahren um etwa 15 Prozent abgenommen hat. Beispielsweise beim Star – Vogel des Jahres 2018 und nach wie vor weit verbreitet – haben wir seit Beginn dieses Jahrtausends bundesweit etwa 2,6 Millionen Brutpaare verloren.
Was fordern die Grünen, um das Insektensterben in Deutschland zu beenden?
Wir Grüne kämpfen für Artenreichtum und ökologischen Vielfalt. Deshalb fordern wir:
- Ein sofortiges Verbot von Neonikotinoiden und ähnlich wirkender Insektizide
- Die schnelle Beendigung des Einsatzes von Glyphosat
- Den Verkauf von Pestiziden für den privaten Gebrauch einzustellen
- Eine wirksame Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden
- Vollständige Abschaffung der sog. Direktzahlungen an die Landwirtschaft
- Komplette Umstellung der Agrarförderung auf die Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft