Niedersachsen ist ein ländlich geprägtes Bundesland im Herzen Europas: Mit Ausnahme der Region Hannover und der kreisfreien Städte sind alle Landkreise ländlich strukturiert und weisen teilweise erhebliche regionale Unterschiede auf. Damit lebt ein Großteil der gut acht Millionen Niedersächs*innen auf dem Land. Und sie leben dort gern: Nach einer Emnid-Umfrage aus dem Jahr 2020 wollen 61% gerne im Dorf oder in einer Kleinstadt leben. Hier wird ein bedeutender Teil unserer Lebensmittel produziert, mittelständische Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, und Natur- sowie Kulturlandschaften tragen zur hohen Lebensqualität bei. Doch in vielen Regionen stehen diese positiven Aspekte zunehmend unter Druck.
Es ist deutlich zu bemerken, dass der demografische Wandel mit einer alternden Bevölkerung und der Abwanderung junger Menschen die soziale und wirtschaftliche Struktur vieler Gemeinden belastet. Gleichzeitig erschweren eine unzureichende digitale Infrastruktur, mangelnde Mobilitätsangebote und ein zunehmend spürbarer Ärztemangel die Lebensqualität im Alltag. Hinzu kommen wirtschaftliche Unsicherheiten durch den Strukturwandel, der Druck auf traditionelle Industrien, Handwerksbetriebe, KMU und die Landwirtschaft ausübt. Die Anforderungen des Klimaschutzes sind für die Menschen im ländlichen Raum Chance und Herausforderung zugleich. Einerseits entstehen neue Möglichkeiten der Wertschöpfung, andererseits bedeutet die Abkehr von Gas und Öl aber auch, sich auf Neues einzulassen. Auf eine Wärmepumpe statt Gasheizung etwa, oder auf das Elektroauto statt eines benzin-oder dieselbetriebenen SUV. Das die damit einhergehenden Umstellungen auch auf Vorbehalte stoßen, ist uns bewusst und nehmen wir ernst. Fehlende attraktive Kulturangebote und mangelhafte Gesundheitsversorgung können ein Gefühl von „abgehängt sein“ erzeugen. Angesichts dieser Herausforderungen ist es entscheidend, maßgeschneiderte politische Lösungen zu entwickeln, die den ländlichen Raum stärken, zukunftsfähig machen und den Menschen in allen Generationen vor Ort Sicherheit und Perspektiven bieten.
Als Grüne Niedersachsen kennen wir die Besonderheiten, die damit einhergehen, bei uns auf dem Land, in Dörfern und Kleinstädten zu leben. Wir legen einen Fokus auf die Stärkung unserer ländlichen Räume. Wir denken dabei die europäische und internationale Dimension immer mit und suchen die Kooperation mit den direkten Nachbarn in den Niederlanden, aber auch mit den europäischen und internationalen Partner*innen, um grenzübergreifende Strukturen, Angebote und Partnerschaften zu schaffen. Gut funktionierende Städte hängen auch vom gut funktionirenden Umland ab – und umgekehrt. Wirtschaft im Umbruch
Das Handwerk fördern
Niedersachsens Wirtschaft ist überwiegend mittelständisch geprägt. Es sind die knapp 290.000 kleinen und mittelständischen Unternehmen, die den Wirtschaftsstandort Niedersachsen ausmachen – viele von ihnen im ländlichen Raum. Auf sehr unterschiedliche Weise steht unsere Wirtschaft – egal ob Großkonzern, Mittelstand oder Kleinunternehmen – vor der Herausforderung, die Herausforderungen der Zeit, vor allem die Dekarbonisierung, die Digitalisierung und den Fachkräftemangel, zu bewältigen.
Dafür sind neben einer leistungsfähigen Digital-, Mobilitäts- und Energieinfrastruktur vor allem gut ausgebildete Fachkräfte von zentraler Bedeutung. Damit diese in den ländlichen Räumen eine dauerhafte Perspektive haben, ist es essentiell, auch in der Fläche eine umfassende Bildungslandschaft vorzuhalten – von der frühkindlichen über die schulische Bildung bis hin zur Aus- und Weiterbildung derer, die sich im Laufe ihres beruflichen Lebens neu orientieren wollen oder müssen.
Regionale Stärken identifizieren und ausbauen
Ebenso wie es „den“ ländlichen Raum in Niedersachsen nicht gibt, kann es auch nicht „das“ Konzept zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes geben. Wir begrüßen es daher, dass sich Landkreise und kreisfreie Städte zu landesweit 14 Zukunftsregionen zusammengeschlossen haben, um in regionaler Zusammenarbeit Konzepte für den anstehenden Transformationsprozess zu entwickeln. Unsere Landesregierung unterstützt diese aktiven regionalen Entwicklungen durch gemeinsame Austauschformate und mit Fördermitteln. Wir Grünen wollen diesen Ansatz ausbauen, indem wir über die Ämter für regionale Landesentwicklung bedarfsgerecht Förder- und Projektmittel bereitstellen. Zum Ausbau regionaler Stärken und Besonderheiten gehört auch eine stärkere Nutzung der Instrumente der Raumordnung in den Regionen und Landkreisen. Das bedeutet unter anderem die gezielte raumordnerische Steuerung der Entwicklung der Siedlungs- und Gewerbeflächen und der Biotopvernetzung. Zur Reduzierung des Flächenverbrauchs schaffen wir Anreize zur stärkeren (Nach-)Nutzung der Bestandsbereiche für Wohnen und Gewerbe.
Mobilitätsinfrastruktur ausbauen
Mobilität ist ein zentraler Faktor für den ländlichen Raum. Auch wenn das Auto hier weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird, braucht es eine Antriebswende und attraktive Alternativen. Wir fordern daher einen Maßnahmenmix aus Ausbau und Digitalisierung des ÖPNV, Sharing-Modellen und Elektromobilität. Dazu gehören Mobilitätsstationen, Ride-Pooling-Dienste und bessere Ladeinfrastruktur in Städten und Dörfern. Der Umstieg auf E-Autos soll durch Beratungen und Förderungen erleichtert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass mehr E-Autos im unteren und mittleren Preissegment angeboten werden, damit Elektromobilität keine Frage des Geldbeutels bleibt. Zudem setzen wir uns für ein sicheres Radwegenetz mit 1.000 km neuen Fahrradwegen und besserer Infrastruktur an Knotenpunkten nicht zuletzt in ländlichen Regionen ein, um so den Radtourismus zu fördern, den Alltagsradverkehr zu stärken und sichere Radwege für Pendler*innen zu schaffen. Bei der Verkehrswegeplanung müssen statt teurer Neubauprojekte bestehende Straßen, Brücken und Schienen saniert werden, um den Verfall der Infrastruktur zu stoppen. Auf Bundesebene unterstützen wir ausdrücklich den Erhalt des Deutschlandtickets. Für Schüler*innen, Azubis und Freiwilligendienstleistende setzen wir uns auf Landesebene für ein vergünstigtes Deutschlandticket ein, das besonders jungen Menschen im ländlichen Raum Zugang zum ÖPNV bietet.Bis zur Einführung bemühen wir uns um eine tarifliche Integration des SPNV in regionale Tarifverbünde. Mobilität fängt bei den Kindern an. Wir unterstützen Projekte zur Verbesserung der Sicherheit auf Wegen zu Kita und Schule.
Die landesweit rund 86.000 kleinen und mittelständischen Handwerksbetriebe sind eine zentrale Säule der Wirtschaft „auf dem Land“: Und sie sind essentiell für den klimaneutralen Umbau unserer Energieversorgung: Ob bei der Gebäudesanierung, der Installation und Wartung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien oder neue Haustechnik: Klimaschutz braucht starkes Handwerk mit genügend motivierten und in der Nutzung regenerativer Techniken ausgebildeten Fachkräften in der Fläche. Zur Stärkung der ländlichen Räume haben die Landesvertretung der Handwerkskammern und die Landwirtschaftskammer im Sommer letzten Jahres ein Positionspapier vorgelegt, das eine Reihe sehr bedenkenswerter Ansätze formuliert. Wir teilen die Einschätzung, dass es gerade für kleine Betriebe essentiell ist, überbordende bürokratische Vorgaben abzubauen. Hier gilt es den von uns Grünen auf Bundes- und Landesebene eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen: So haben wir im Bund etwa bei der Installation von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien lähmende bürokratische Vorgaben massiv abgebaut. Im Land haben wir die Niedersächsische Bauordnung entrümpelt und dadurch unter anderem die gerade in ländlichen Räumen anstehende Nachnutzung bestehender Gebäude massiv erleichtert Ein weiterer entscheidender Baustein zur Reduzierung bürokratischer Belastungen der Wirtschaft ist die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die wir in Niedersachsen konsequent vorantreiben. Auch das Handwerk selbst fordern wir auf, über die Mitarbeit in den Normungsausschüssen dafür zu sorgen, dass in den letzten Jahren im einigen Bereichen nahezu undurchdringlich gewordene Normendickicht endlich aufzulichten. Das entlastet die Betriebe und spart den Kund*innen Kosten. Förderanträge müssen digitalisiert und deutlich einfacher werden. Das Niedersächsische Landesamt für Statistik ist aufgefordert, Erhebungen und Meldepflichten für Betriebe auf das erforderliche Mindestmaß zu reduzieren.
Für die Zukunft des Handwerks sind gut ausgebildete Fachkräfte das A und O. Deshalb gilt es, die im rot-grünen Koalitionsvertrag verankerte Aus-, Weiterbildungs- und Umschulungsinitiative mit Stärkung der Bildungsstätten des Handwerks gezielt voranzutreiben. Außerdem wollen wir best-practice-Beispiele wie die regionalen Fachkräftebündnisse, bei der Fachkräftegewinnung und -sicherung unterstützen.
Jede*r vierte Betriebsinhaber*in eines Handwerksbetriebs ist älter als 60 Jahre. Zur Sicherung der Betriebsnachfolge wollen wir die berufliche Weiterbildung im Handwerk attraktiver machen. Rot-grün in Niedersachsen geht dieses Thema gezielt an: Wir stellen Meister*innenausbildung und Bachelorstudium gleich und entwickeln die erfolgreiche Meister*innenprämie weiter.
Berufliche Weiterbildung in der Fläche ausbauen
Die Digitalisierung und der klimaneutrale Umbau unserer Wirtschaft werden die Arbeitswelt nachhaltig verändern – nicht nur für die Unternehmen, sondern insbesondere auch für die Arbeitnehmer*innen. Während es noch vor wenigen Jahren der Normalfall war, dass die im Rahmen der Ausbildung erworbenen Qualifikationen ein Berufsleben lang ausreichen, kann davon künftig in vielen Fällen nicht mehr ausgegangen werden: Bisherige Berufsbilder ändern sich oder fallen komplett weg und neue Berufe entstehen. In diesem Wandel brauchen die Menschen Sicherheit und Unterstützung. Mit dem von der Ampel-Koalition im Bund verabschiedeten Aus- und Weiterbildungsgesetz konnten dafür entscheidende Weichenstellungen vorgenommen werden. Leider ist es jedoch nicht gelungen, dabei auch eine bezahlte Weiterbildungs(teil)zeit zu etablieren. Das Ziel, Menschen nicht erst bei Arbeitslosigkeit, sondern auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die notwendige finanzielle Absicherung für Zeiten der Weiterbildung zu garantieren, verfolgen wir konsequent weiter. Mit den Berufsbildungszentren der Wirtschaft und den berufsbildenden Schulen sind in der Fläche Strukturen etabliert, die auch bei der beruflichen Weiterbildung eine stärkere Rolle spielen können. Dafür wollen wir gemeinsam mit den Kammern entsprechende Konzepte entwickeln.
Für betriebliche Innovations- und Transferprozesse wollen wir die Beratungsmöglichkeiten weiter ausbauen. Wir wirken darauf hin, dass in den Betrieben Transformationsausschüsse gebildet und tarifvertragliche Vereinbarungen zur Gestaltung der Transformation geschlossen werden.
Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen ist essentiell für soziale Teilhabe, Gemeinschaftsbildung und regionale Identität. Sie sollte als gleichwertiges Ziel neben urbanen Kulturangeboten gefördert werden. Lokale Netzwerke, engagierte Einzelpersonen und Schulen spielen eine Schlüsselrolle, benötigen aber stabile Finanzierungsmodelle und politische Unterstützung. Zudem sind Mobilität und Digitalisierung entscheidend, um kulturelle Angebote zugänglich zu machen. Jugendliche vom Land brauchen neben der freien Mobilität Anreize, um kulturelle Angebote auch in den umliegenden Städten zu nutzen. Wir machen uns in Niedersachsen stark für einen Jugendpass im 16. Lebensjahr. Ein vielfältiges, ortsbezogenes Bildungsangebot stärkt demokratische Strukturen und macht ländliche Regionen attraktiver – sowohl für Kulturschaffende als auch für die Bevölkerung.
Erneuerbare Energien – Chance aber auch Herausforderung für die ländlichen Räume
Die Energiewende ist ein Konjunkturprogramm für die ländlichen Räume. Allein etwa für den Landkreis Rotenburg beziffert die Deutsche Windguard das regionale Wertschöpfungspotenzial durch den Ausbau der Windenergie auf 1,1 Milliarden Euro bis in das Jahr 2040. Das Offshore-Industriezentrum in Cuxhaven, die H2-Region Emsland, das Salcos-Projekt der Salzgitter AG und vieles mehr: Diese Beispiele zeigen: Die Erneuerbaren Energien sind der Motor der regionalen Entwicklung. Die neu entstehenden Wertschöpfungsketten bringen weitreichende positive Effekte für die Kommunen vor Ort. Es gibt für einige Kommunen an der Küste aber auch massive Einschränkungen der Planungsmöglichkeiten durch die Offshore-Anbindungssysteme, die ausgeglichen werden müssen.
Mit dem Beteiligungsgesetz haben wir die Beteiligung der Kommunen und der Bürger*innen an Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zur Pflicht gemacht: Eine einzige Windkraftanlage kann so jährlich 45.000 Euro in die kommunalen Kassen spülen – zum Wohle der Bürger*innen in den Dörfern und Kleinstädten. Darüber hinaus können sich Bürger*innen direkt an Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien beteiligen und so von den Gewinnen der Energiewende profitieren.
Die Wärmewende mit dem Umbau unserer Wärmeversorgung weg von Gas und Öl eröffnet den ländlichen Räumen zusätzliche Wertschöpfungspotenziale. Ob es um die Installation einer Wärmepumpe, die Verlegung eines Wärmenetzes oder dessen Betrieb geht: Das schafft Arbeit und Einkommen vor Ort, statt jährlich Milliarden in die oftmals totalitären Förderländer von Öl und Gas zu überweisen. Aufgrund der Verfügbarkeit regenerativer Wärmequellen und von Flächen ist die regenerative Wärmeversorgung etwa durch Kraft-Wärme-gekoppelte Biogasanlagen, durch Geothermie oder Power-to-heat in manchen Fällen leichter umsetzbar als in städtischen Ballungsräumen. Mit der Förderung von Wärmepumpen, von kommunalen Wärmenetzen, kleineren Gebäudenetzen und der Absicherung von Investitionen kommunaler Energieversorger haben wir Grünen auf Bundesebene ein Fördersystem etabliert, um erneuerbare Wärme bereits mittelfristig deutlich kostengünstiger zu machen als fossil betriebene Heizungen. Diese Förderung gilt es bei aller Notwendigkeit des Nachjustierens von Details im Grundsatz beizubehalten.
Landwirtschaft vor der Zukunftsfrage
Knapp zwei Drittel der Fläche Niedersachsens werden landwirtschaftlich genutzt. Die Land- und Ernährungswirtschaft ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Niedersachsens. Die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte hat mit ihrer Weltmarktorientierung viele landwirtschaftliche Betriebe in die fatale Spirale des „Wachsens oder Weichens“ gezwungen. Schwankende Preisentwicklungen im Weltmarkt führen zudem dazu, dass die Betriebe zeitweise keine auch nur annähernd kostendeckenden Preise mehr erzielen können.
Zur Lösung bedarf es einer Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik. Statt vor allem die Fläche zu subventionieren und damit in erster Linie den Landbesitz und nicht dessen Bewirtschaftung zu fördern, wollen wir die Förderung gezielt auf die Erbringung über die Nahrungsmittelproduktion hinausgehender gesellschaftlicher Leistungen wie Natur-, Umwelt- Tierschutz und die Förderung des ländlichen Raumes ausrichten. Statt Weltmarktorientierung heißt Neuausrichtung der Agrarpolitik auch die Ausrichtung der Produktion am heimischen, also dem europäischen Markt: Wo deutliche Überkapazitäten bestehen, müssen diese gezielt abgebaut werden – das gilt vor allem für die Milch- und Schweinefleischproduktion. Wir wollen die Betriebe bei den notwendigen Anpassungsprozessen unterstützen. Eine wesentliche Maßnahme ist dabei die Förderung des tiergerechten Umbaus der Ställe vor allem in der Schweinemast bei gleichzeitiger Reduzierung der Bestände. Zusätzlich wollen wir die Wertschöpfungsketten vertiefen: Die niedersächsische Eiweißstrategie, die Betriebe gezielt dabei unterstützt, heimische Eiweißträger selbst anzubauen, statt genmanipuliertes Soja aus Übersee zu importieren, ist dabei ein Ansatz.
Boden ist ein knappes Gut und nicht vermehrbar und spielt für die wirtschaftliche Stabilität und nachhaltige Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe eine zentrale Rolle. Die Konkurrenz von Finanzinvestor*innen sowie steigende Pachten stellen angesichts der derzeitigen Eigentumsstrukturen die Landwirt*innen vor große Probleme. Außerlandwirtschaftliche Bodeneigentümer*innen sind die großen Gewinner*innen auf dem Bodenmarkt – aktive Landwirt*innen sind die Verlierer*innen. Das wollen wir GRÜNEN ändern, indem wir landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort ein starkes Vorkaufsrecht verschaffen. Dazu bedarf es zusätzlich einer Bodenpreisbremse, damit Bäuerinnen und Bauern nicht mehr von außerlandwirtschaftlichen Investor*innen ausgestochen werden können.
Der im Niedersächsischen Weg parteiübergreifend beschlossene Ausbau des Ökolandbaus ist eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung des Arten- und Umweltschutzes. Zudem ist die Unabhängigkeit des Ökolandbaus von Düngemitte-Importen aus Russland ein friedenspolitisches Argument für den Ausbau des Ökolandbaus mit seinem klreislauforientierten Düngereinsatz. Die Nachfrage nach Bio-Produkten werden wir weiter stärken. Im Niedersächsischen Weg ist auch die Forderung nach Biotopverbundsystemen angelegt. Damit soll nun endlich ernstgemacht werden. Die Schaffung von Biotopverbundsystemen muss mit personellen und finanziellen Ressourcen möglich gemacht werden.
Zielkonflikte mit dem Klimaschutz lösen
Maßnahmen für den Klimaschutz können im Konflikt mit der Landwirtschaft stehen sind für die Landwirtschaft keineswegs konfliktfrei: Freiflächen-PV steht in Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung der Fläche, dassselbe gilt für den Netzausbau – auch bei unterirdischen Kabeln. Die Wiedervernässung von Mooren macht zumindest die bisherige Form der Landnutzung auf den vernässten Flächen unmöglich. Diese Zielkonflikte gilt es mit guter Planung zu minimieren. Auf Landesebene haben wir deshalb im niedersächsischen Klimagesetz den Grundsatz verankert, dass Flächen mit mehr als 50 Bodenpunkten ausschließlich mit Agri-PV belegt werden können. Bei der Wiedervernässung legen wir einen starken Fokus vor allem auf jene 16% der niedersächsischen Hochmoore, die zwar entwässert, aber nicht (mehr) in landwirtschaftlicher Nutzung sind. Auch die von uns Grünen auf Bundesebene geförderten Ansätze, Schilf oder andere auf wiedervernässten Mooren angebauten Pflanzen stofflich zu nutzen, zeigen ermutigende Erfolge. Wenn Wiedervernässung bei gleichzeitiger Nutzung der Moore gelingt, schaffen wir eine win-win-Situation: Für den Klimaschutz, für die Landwirtschaft, für Innovation und die Wertschöpfung im ländlichen Raum. Wir setzen uns dafür ein, dass auf Moorflächen mit hohem Wiedervernässungspotential Windkraft- und PV-Anlagen nur genehmigt werden, wenn der Nachweis erbracht wird, dass eine Wiedervernässung trotz der Anlage möglich ist.
Lebensqualität sichern
Vor Ort gesund
Eine wohnortnahe und verlässliche medizinische Versorgung ist ein Grundpfeiler für Lebensqualität, soziale Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume. Wir setzen uns für eine bedarfsgerechte, flächendeckende und innovative medizinische Infrastruktur in ganz Niedersachsen ein, die niemanden zurücklässt.
Hausärzt*innen sind oft die erste Anlaufstelle und ein zentraler Anker für die medizinische Betreuung. Die aktuelle, vom gemeinsamen Bundesausschuss – einem Selbstverwaltungsorgan der Ärzt*innen – beschlossene Bedarfsplanung der ärztlichen Versorgung ist offensichtlich unzureichend. Sie ist nicht in der Lage, eine gleichzeitige Überversorgung städtischer Ballungsräume und Unterversorgung ländlicher Räume zu verhindern. Die ärztlichen Selbstverwaltungsorgane sind deshalb in der Pflicht, diese zu überarbeiten. Kommen sie dem nicht in angemessener Weise nach, halten wir Grünen es im Sinne der Menschen in den Dörfern und Kleinstädten für geboten, gesetzgeberisch tätig zu werden. Wir wollen zudem Anreize für junge Ärztinnen und Ärzte für eine Tätigkeit im ländlichen Raum schaffen – bei der Studienplatzvergabe, durch finanzielle Förderung, verbesserte Arbeitsbedingungen und moderne Praxismodelle wie Gemeinschaftspraxen. Mit der gezielten Förderung und dem flächendeckenden Ausbau von mobilen und digitalen Lösungen – z.B. Telemedizin, mobilen Arztpraxen oder Gesundheitsbussen – wollen wir in dünn besiedelten Gebieten Versorgungslücken schließen.
Es geht aber um mehr als die hausärztliche Versorgung. Ambulanter Bereitschaftsdienst, stationäre Notfallversorgung und Rettungsdienst ist der Dreiklang, der in der Fläche vorgehalten und zugänglich gemacht werden muss. Erfolgreiche Modellprojekte wie Gemeindenotfallsanitäter*innen oder mobile Ersthelfer*innen wollen wir flächendeckend ausweiten. Auch telemedizinische Angebote können die Notfallversorgung sinnvoll ergänzen. Rettungswagen wollen wir standardmäßig mit telemedizinischer Ausrüstung ausstatten, damit die Behandlung bereits auf dem Weg in die Klinik beginnen kann.
Wir Grünen wollen, dass die Kernaufgaben der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand sind und bleiben. Dazu gehören auch kommunale Krankenhäuser. Diese Aufgabenfelder nicht dem Gewinnstreben zu unterwerfen, ist ein hohes Gut und wichtig für die Qualität der Leistung. Die Krankenhauslandschaft in Niedersachsen befindet sich längst im Wandel: hin zu einer Grundversorgung in der Fläche und spezialisierten Zentren in großen Kliniken. Diesen von der Ampel-Koalition im Bund und von der rot-grünen Landesregierung vorangetriebenen Ansatz halten wir für richtig und unterstützen ihn.
Wir wollen insbesondere im ländlichen Raum Leistungserbringer der Gesundheitsversorgung zusammenschließen und mit Reha-Einrichtungen, Apotheken und anderen Gesundheitseinrichtungen in kommunalen Versorgungszentren zusammenbringen. Für Patient*innen bedeutet das, dass sie Gesundheitsdienstleistungen unter einem Dach finden. Für Beschäftigte bedeutet das, in einem interdisziplinären Team mit familienfreundlichen Arbeitszeiten tätig zu sein.
Für Schwangere in Niedersachsen wird es immer schwieriger, eine Hebamme zu finden. Wir wollen deshalb die Geburtshilfe als Teil der Grundversorgung verankern und so dafür sorgen, dass keine Frau mehr als 30 Minuten zum nächsten Geburtshilfeangebot fahren muss. Den Hebammenberuf wollen wir stärken, unter anderem mit der Umsetzung der Richtlinie Eins-zu-eins-Betreuung unter der Geburt. Auch der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen muss Teil der Regelversorgung sein und flächendeckend durch die landesweite Krankenhausplanung sichergestellt werden.
Neben der ärztlichen Versorgung ist auch die Pflege ein zentraler Baustein der Gesundheitsversorgung vor Ort. Wir setzen uns für mehr Kurzzeitpflegeplätze, Tagespflegen und die Unterstützung pflegender Angehöriger ein.
Was gibt’s bei mir vor Ort?
Eine funktionierende Nahversorgung ist ein wichtiger Grundstein für Lebensqualität und Attraktivität ländlicher Räume. Sie geht über den Einkauf alltäglicher Güter hinaus: Nahversorgung bedeutet soziale Begegnung, wirtschaftliche und soziale Teilhabe und den Erhalt lebendiger Dorfgemeinschaften. Die Infrastruktur der Nahversorgung ist löchrig geworden in unseren ländlichen Regionen. Gerade in kleinen Orten sind die Strukturen der Nahversorgung durch den demografischen Wandel, zunehmenden Wettbewerb und die Zentralisierung von Handel und Dienstleistungen gefährdet. Wir setzen uns dafür ein, dass die Nahversorgung vor Ort erhalten, gestärkt und weiterentwickelt wird.
Wir wollen modellhafte und innovative Projekte der Nahversorgung und eine nachhaltige Wertschöpfungsketten mit kurzen Wegen in den Regionen stärken. Dabei können genossenschaftliche Modelle und Vereine eine Lösung sein – gute Beispiele gibt es bereits viele: Dörfer, die ihre erneuerbare Energie vor Ort erzeugen oder Gemeinschaftsläden, in denen Landwirt*innen vor Ort ihre Produkte verkaufen oder Einwohner*innen ein Einzelhandelsangebot schaffen. Projekte dieser Art werden über die Landesämter für Regionalentwicklung gefördert. ] Sie beraten regionale Akteur*innen vor Ort und unterstützen bei der Verwirklichung von Ideen und Projekten. Wir wollen diese Kompetenzen stärken und die Beratungskapazitäten der Ämter für regionale Landesentwicklung ausbauen, damit sich Eigeninitiative und Kraft in den ländlichen Räumen voll entfalten können.
Spielplätze, Sportplätze, Sporthallen, Schwimmbäder und Parks sind öffentliche Orte, an denen Menschen zusammenkommen und deren Zustand ein Indikator für den Zustand der öffentlichen Daseinsvorsorge ist. Die kommunale Investitionsfähigkeit ist hier zentral und entsprechende Förderprogramme für viele Kommunen essentiell, damit notwendige Investitionen angefasst werden können. Dazu sind die Kommunen aufgrund ihrer inzwischen dramatischen Unterfinanzierung jedoch vielfach nicht in der Lage. Im Bund setzen wir uns für einen Deutschlandinvestitionsfonds ein, über den auch die Kommunen unkomplizierter und schneller an Investitionsmittel kommen sollen. Eine grundlegende Besserstellung unserer unterfinanzierten kommunalen Ebene ist zudem notwendig. Hierfür stehen wir ein.
Auch Kultur- und Sportangebote sind zentrale Bausteine für ein lebendiges gesellschaftliches Leben – auch und gerade in ländlichen Räumen. Sie fördern die Lebensqualität, stärken die Gemeinschaft und tragen zur Identität und Attraktivität von Dörfern und Kleinstädten bei. Vereine sind oft das Rückgrat von Kultur und Sport in ländlichen Räumen. Wir setzen uns für eine bürokratiearme finanzielle Unterstützung, gezielte Qualifizierungsprogramme für Ehrenamtliche, Investitionen in Infrastruktur von kleinen Kultureinrichtungen, die Förderung von Kooperationen und die Schaffung regionaler Netzwerke ein.
Menschen bringen sich auf vielfältige Weise in ihrer Freizeit für das Gemeinwesen ein. Ihnen wollen wir so viele Steine wie möglich aus dem Weg räumen. Kommunale Ehrenamtsbudgets, die von Vereinen und Initiativen einfach für die Gemeinwesenarbeit abgerufen werden können, wollen wir unterstützen. Häufig müssen Gelder aus unterschiedlichen Fördertöpfen eingesammelt werden. Im Bund haben wir deshalb schon in der Bundeshaushaltsordnung den Weg freigemacht für pauschale Fördertöpfe, die die Abrechnung vereinfachen und flexibel einsetzbar sind. Im Land wollen wir mit einem Landesdemokratiefördergesetz gute Förderstrukturen auf den Weg bringen, die den niedrigschwelligen und vielfältigen Strukturen vor Ort gerecht werden.