Die Grünen in Niedersachsen aus Landtag, Partei und Grüner Jugend haben in ihrer heutigen gemeinsamen Pressekonferenz die Maßnahmen der Landesregierung zur Schule während Corona-Zeiten scharf kritisiert. Die vorgelegten Pläne der Landesregierung zur Öffnung der Schulen und vor allem zu den bevorstehenden Prüfungen seien zu einseitig, unflexibel und verschärften Benachteiligungen. Die Konzepte müssten dringend überarbeitet werden: Durchschnittsnoten bei Abschlüssen ermöglichen und auf Freiwilligkeit setzen, Sitzenbleiben und Abschulungen aussetzen und eine pädagogische Begleitung von Schüler*innen ermöglichen. Bei den bisherigen Plänen diene eine ohnehin kaum vorhandene Vergleichbarkeit des Abiturs und anderer Abschlüsse als Grundlage zum Beibehalten der Prüfungspflicht – soziale Ungleichheiten, familiäre Besonderheiten, persönliche Ängste und Nöte der Schüler*innen um Gesundheit und Zukunft werden ausgelassen.
Anne Kura, Landesvorsitzende:
„Der Kultusminister hat den wieder anlaufenden Schulbetrieb unter Corona-Bedingungen auf Abschlussprüfungen und Versetzungen ausgerichtet. Mit dem starren Festhalten an Prüfungspflichten und Leistungsbewertung setzt er die falschen Prioritäten und wird der Krisensituation nicht gerecht. Faire Abschlussprüfungen sind nicht möglich: Viele Jugendliche müssen sich unter prekären Bedingungen auf ihre Prüfungen vorbereiten – ohne Rückzugsraum, ohne gute technische Ausstattung und oft zusätzlich eingebunden in die Betreuung von Geschwistern. Gleichzeitig fürchten viele, Familienmitglieder anzustecken, die zur Risikogruppe gehören.
Damit niemand die Schullaufbahn mit Nachteilen beenden muss, fordern wir statt verpflichtender Abschlussprüfungen Durchschnittsnoten als Abschlussnoten. Schülerinnen und Schüler sollen selbst entscheiden, ob sie an einer freiwilligen Prüfung zur Verbesserung teilnehmen. Statt Prüfungs- und Notenstress brauchen Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte Raum für flexible Lösungen und Beziehungsarbeit.“
Julia Willie Hamburg, MdL, Fraktionsvorsitzende:
„Der Kultusminister hat zurecht ausgerufen, dass kein Kind durch die derzeitige schulische Situation benachteiligt werden darf. Diesem Anspruch wird er aber nicht gerecht. Während Lehrkräfte sich derzeit vorrangig mit dem Einhalten von Abständen in Schulklassen beschäftigen und zu Hygienemanagern werden, sollten sie lieber die Freiräume bekommen, Kinder entsprechend ihrer schulischen Bedarfe zu begleiten. Derzeit sind es gerade die Kinder, deren Eltern ihnen nicht bei der Beschulung zu Hause helfen, besonders benachteiligt. Hier sollte ein Fokus der Bemühungen drauf gelegt werden.
In solchen Situationen Schulen vor allem damit zu beschäftigen, Nachprüfungen zu organisieren, damit Kinder nicht sitzenbleiben müssen, ist der falsche Fokus. Sinnvoller wäre es, die Energie in die Begleitung der Schülerinnen und Schüler zu setzen und das Abschulen und Sitzenbleiben für dieses Schuljahr auszusetzen – immerhin fehlt ein ganzes Halbjahr für die Schüler*innen, in dem sie sich hätten bewähren können.“
Svenja Appuhn, Sprecherin Grüne Jugend:
„Die betroffenen Schüler*innen fühlen sich vergessen und nicht ernst genommen, weil die Entscheidungen zu den Prüfungen gefällt wurden, ohne sie einzubeziehen. Und das, obwohl es bei der Frage von Abschlussprüfungen um ihre Zukunft und ihre Gesundheit geht.
Für viele Schüler*innen wird die Zeit der Prüfungsvorbereitung gerade zur Hölle: viele müssen sich um kleine Geschwister kümmern, andere haben Angst, sich selbst oder ihre nächsten Angehörigen, die oft zur Risikogruppe gehören, anzustecken. Wieder andere haben zu Hause kein eigenes Zimmer, in dem sie für die Prüfungen lernen können, und viele fürchten sich vor den Prüfungen, weil ein Teil des prüfungsrelevanten Stoffes aufgrund der Schulausfälle nie behandelt wurde.
Gemeinsam mit anderen Jugendorganisationen haben wir deshalb die Kampagne „Nein zum Prüfungsfieber“ gestartet, mit der wir der Durchführung von verpflichtenden Abschlussprüfungen eine Absage erteilen.“