„Um Familien zu stärken und mehr Kinder aus der Armut zu holen, muss die Kindergrundsicherung jetzt schnellstmöglich kommen“, sagt Landesvorsitzender Alaa Alhamwi und begrüßt damit die von Bundeskanzler Scholz angekündigte Einigung bis Ende der Sommerpause. Er warnt aber auch vor halbherzigen Kompromissen. „Die von Finanzminister Christian Lindner ins Spiel gebrachten zwei Millarden Euro statt der benötigen zwölf Milliarden Euro sind ein Schlag ins Gesicht jedes Kindes und Jugendlichen.“ Lisa Paus, die zuständige Grüne Familienministerin, hatte für die Kindergrundsicherung einen Finanzbedarf von zwölf Milliarden Euro pro Jahr ab 2025 angemeldet. Christian Linder findet das zu hoch und will jetzt nur zwei Milliarden dafür ausgeben. „Die Kindergrundsicherung ist ja von der Ampelregierung im Koalitionsvertrag vereinbart, auch die FDP und SPD haben dort unterschrieben. Die aktuellen Regelsätze decken da nicht mal den Grundbedarf. Deshalb erwarten wir, dass Finanzminister Lindner die notwendigen 12 Milliarden Euro bereitstellt und dass Arbeitsminister Heil endlich das kindliche Existenzminimum neu definiert. Es braucht hier mehr Tempo!“
Die niedersächsischen GRÜNEN hatten gehofft, dass die bisherige Blockade des Bundesfinanzministers Christian Lindner und die Untätigkeit des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil ein Ende hat. „Dieses Verschleppen einer der wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben macht mich fassungslos“, sagt Alhamwi. „Eine weitere Verzögerung geht zulasten der Kinder und Jugendlichen und wirkt sich auch auf die Gesellschaft und Wirtschaft insgesamt aus. Armut grenzt aus, und verhindert soziale und auch wirtschaftliche Teilhabe. Kinderarmut setzt sich ja fort im Erwachenenalter, wenn aus armen Kindern und Jugendlichen Erwachsene ohne Chancen und ohne berufliche Perspektive werden. Die Investition in eine Kindergrundsicherung ist daher immer auch eine Investition, die der Gesellschaft insgesamt zugute kommt. Die Bundesregierung muss hier einen würdigen Kompromiss finden, der den Familien wirklich hilft.“
Hintergrund:
Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet, in Niedersachsen liegt der Anteil mit 22,4 Prozent und 302.000 Betroffenen laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung über dem Bundesdurchschnitt. Als armutsgefährdet gilt eine Familie, wenn die Eltern weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens verdienen oder Leistungen der Grundsicherung bekommen.
Arme Familien leben häufig in beengten Wohnungen, in denen die Kinder keinen Platz zum Hausaufgabenmachen haben und wenig Rückzugsmöglichkeit. Arme Kinder und Jugendliche gehen nie ins Kino, fahren nicht in den Urlaub und meist auch nicht mit auf Klassenfahrt, weil die Eltern die Reise nicht finanzieren können. Armutsgefährdet heißt auch, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht zu Geburtstagen ihrer Freund*innen gehen, weil kein Geld da ist für ein Geschenk. Es muss überall gespart werden: bei der Ernährung, bei der Kleidung, bei der Bildung und bei vielen ganz alltäglichen Dingen.
Die Kindergrundsicherung soll Leistungen bündeln und laut Koalitionsvertrag aus zwei Komponenten bestehen: einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag, der für alle Kinder und Jugendliche gleich hoch ist und ein vom Elterneinkommen abhängiger, gestaffelter Zusatzbetrag. Volljährige Anspruchsberechtigte sollen die Leistung direkt erhalten.