Solidarisch an der Seite der Jüdischen Gemeinde Oldenburg – Gegen jeden Antisemitismus!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 13./14. April 2024 in Oldenburg

Resolution

Am vergangenen Freitagmittag, den 05. April 2024, wurde ein schrecklicher und
feiger Brandanschlag auf die Oldenburger Synagoge und die Mitglieder ihrer
Gemeinde verübt. Wir verurteilen den antisemitischen Brandanschlag aufs
schärfste und bringen unser tiefes Mitgefühl mit unseren jüdischen
Mitbürger*innen in Oldenburg zum Ausdruck. Denn jeder Anschlag auf eine jüdische
Einrichtung ist ein Angriff auf jüdisches Leben allgemein und jeder Angriff auf
jüdisches Leben ist einer zu viel.

Die Spuren an der Tür des Gebäudes sind noch nicht beseitigt, sie sind nicht zu
übersehen und werden sich ins Gedächtnis der jüdischen Gemeinde vor Ort
einbrennen. Antisemitische hat ebenso wie rassistische oder antifeministische
Gewalt keinen Platz in unserer Gesellschaft und ist durch nichts zu
rechtfertigen. Auch wenn Worte das Geschehene nicht ungeschehen machen, die
Angst unserer jüdischen Freund*innen nicht beenden können, ist es uns als
antifaschistische Grüne in Niedersachsen eine Herzensangelegenheit unsere
Solidarität mit der jüdischen Gemeinde in Oldenburg und Jüdinnen und Juden
überall zu bekunden.

Der Anschlag zeigt einmal mehr: Antisemitismus gehört zu jüdischer
Lebensrealität in Niedersachsen und in Deutschland dazu und prägt diese. Die
jahrhundertelangen Kontinuitäten des Antisemitismus in Deutschland sind ein
gesamtgesellschaftliches Phänomen. Jede Form des Antisemitismus gemäß der
Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance und Hass auf
den jüdischen Staat Israel in Niedersachsen muss darum entschieden
entgegengetreten und bekämpft werden.

In Deutschland und Europa tritt seit dem antisemitischen Massaker unter Führung
der Hamas, weiterer jihadistischer und nationalistischer Kräfte in Israel am 7.
Oktober 2023 wieder der rabiate, gewaltvolle und offen artikulierte
Antisemitismus gegen als jüdisch identifizierte Personen, Gruppen und
Einrichtungen zu Tage. Dahinter steht die projizierte, falsche Gleichsetzung
jüdischen Lebens mit Israel und der israelischen Regierung. Dennoch ist wichtig
zu betonen, dass der jüdische Staat ein Ort jüdischer Emanzipation ist und sein
Existenzrecht nicht infrage gestellt werden darf.

Komplexe Verhältnisse werden nicht richtig verarbeitet, unerfüllte Wünsche in
Wahnvorstellungen umgewandelt und auf Jüdinnen und Juden projiziert und somit
zum Grund der Versagung, der Ungerechtigkeiten der Welt erklärt. Die Folge sind
verbale und körperliche Angriffe gegen Jüdinnen und Juden sowie jüdische
Einrichtungen.

Auch wenn noch nicht feststeht, wer und aus welchen Motiven den Anschlag auf die
Synagoge in Oldenburg verübt hat, verzeichnen wir einen Anstieg von
antisemitischen Straftaten in Niedersachsen. Das muss uns aufrütteln und zu
Konsequenzen führen. Beispielsweise ist das Bejubeln und Propagieren von Hamas-
Terror auf deutschen Straßen, Plätzen oder sonstigen öffentlichen Räumen und
Einrichtungen nicht hinnehmbar. Es ist ebenso wenig hinnehmbar, dass Eltern
angesichts der zunehmenden Bedrohung gegen jüdische Mitbürger*innen Sorge haben
müssen, ihre Kinder zur Schule zu schicken.

Bei antisemitischen Vorfällen wird immer noch häufig weggesehen oder sie
instrumentalisiert, wenn es politisch opportun ist. Dem stellen wir uns
entgegen. Jüdinnen und Juden befinden sich in der bedrohlichsten Lage seit der
Gründung der Bundesrepublik. Die Zahl der offen antisemitischen Einstellungen
hat sich verdreifacht, und insbesondere bei jungen Menschen sind diese
Denkmuster verbreitet. Um dem zu begegnen, bauen wir auf mehr Sensibilisierung
für Antisemitismus im Bildungssystem sowie Geld für Kommunen, um jüdische Kunst
und Kultur verlässlich auszufinanzieren. Der Etat für die niedersächsische
Gedenkstättenarbeit wurde durch unsere rot-grüne Regierung jüngst um rund ein
Drittel, also zwei Millionen Euro zusätzlich, erhöht. Das ist ein wichtiger und
richtiger Schritt für mehr Bildungsarbeit in den Gedenkstätten.

Wie insbesondere Jüdinnen und Juden mit dieser neuen und doch zugleich sehr
alten Bedrohung umgehen, bleibt der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft oft
verborgen. Für uns ist eine Antwort auf diesen Brandanschlag und die erneute
Bedrohung jüdischen Lebens eine Bildungsoffensive gegen Antisemitismus. Doch
Bildung allein reicht leider nicht. Auch der Rechtsstaat ist gefragt.

Es muss selbstverständlich sein, dass Jüdinnen und Juden in Niedersachsen in
Sicherheit und ohne Angst leben können. Die Mittel für Sicherheitsleistungen für
jüdische Einrichtungen wurden in diesem Kontext der Lage angepasst um eine
Million Euro erhöht. Unsere Sicherheitsbehörden sowie der Verfassungsschutz
müssen weiterhin wachsam sein, den Kommunen zur Seite stehen und ggf.
unterstützen.

Der Polizei danken wir für den starken Einsatz und die erhöhte Sensibilität. Wir
wünschen schnellen Erfolg bei den Ermittlungen. Antisemitische Straftaten müssen
von den Strafverfolgungsbehörden konsequent verfolgt und mit allen zur Verfügung
stehenden Mitteln geahndet werden. Insoweit wird der entsprechende Erlass des
Niedersächsischen Justizministeriums ausdrücklich begrüßt.

Unsere wehrhafte Demokratie muss in der Lage sein, Minderheiten in unserer
Gesellschaft zu schützen. Daran misst sich die Freiheit unserer Gesellschaft.

Wir appellieren an alle Menschen in Niedersachsen, sich respektvoll, tolerant
und friedlich zu verhalten. Menschenrechte und unsere demokratische Grundordnung
sind zu achten und zu wahren.

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 13./14. April 2024 in Oldenburg