Im Zuge der lebendigen Klimadebatte weitet sich der Blick auf die Auslöser und Verstärker des Klimawandels sowie nowendige Anpassungsmaßnahmen. Dabei ist unstrittig, dass es CO2-Senken braucht und dass Bodenversiegelung nicht nur bei Starkregenereignissen sondern auch in Bezug auf das Mikroklima in bebauten Gebieten schädlich ist.
Wir beklagen die schwindende Biodiversität durch Monokulturen, den Einsatz von Pestiziden und den Verlust an Biotopverbünden. Wir fürchten Ernteausfälle durch lange Trockenperioden und den Verlust fruchtbarer Böden aufgrund von Ausschwemmung, Erosion oder schlicht Misswirtschaft. Der Antrag AV1 kondensiert die Problematik und nennt wichtige Kernforderungen.
Allzu oft wird das Thema Boden in der öffentlichen Wahrnehmung reflexartig mit Ackerflächen verbunden. Unzweifelhaft spielt die Landwirtschaft zur Erhaltung fruchtbarer und ertragreicher vor allem aber lebendiger Böden eine entscheidende Rolle. Gerade in Siedlungsgebieten gerät die Bedeutung offener Böden jedoch aus dem Blick. Noch immer nimmt die Bodenversiegelung in Deutschland zu. Im Zuge der negativen Auswirkungen sollte dieser Trend jedoch nicht nur, wie von der Bundesregierung angestrebt, gebremst, sondern gestoppt und insbesondere auf Freiflächen in dicht besiedelten Räumen möglichst umgekehrt werden.
Ein sehr prominentes Beispiel vermeidbarer Bodenversiegelung sind die „Schottergärten“. Bereits im März hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag hierzu eine kleine Anfrage gestellt (Drucksache 18/3486). Im Tenor beriefen sich die Abgeordneten auf einen Passus der Niedersächsischen Bauordnung (§9 (2) NBauO): „Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind.“ Die Landesregierung bejahte klar die Unzulässigkeit einer in der Anfrage konkret benannten Anlage eines Schottergartens in Hameln. Des Weiteren müsse auf nicht überbauten Flächen, so die Antwort der Landesregierung, „Vegetation überwiegen, sodass Steinflächen aus Gründen der Gestaltung oder der leichteren Pflege nur in geringerem Maße zulässig wären. Großflächige Steinflächen, wie im Fall des Finanzamtes Hameln, entsprechen dieser Forderung nicht.
In diesem konkreten Fall konnte ein Rückbau erwirkt werden – nicht zuletzt aufgrund der Prominenz des Falles und der Zuständigkeit öffentlicher Stellen. Allerdings „blüht“ der Trend im privaten Bereich fort. Es fehlt an Zeit und Geld seitens der Kommunen und Kreise, entsprechende Flächen zu erfassen und die Besitzer zum Rückbau zu ermutigen und zu ermahnen. Zudem fühlt sich mancherorts die Bauaufsicht nicht zuständig für dieses „Gartenproblem“ – zumal hierfür in den seltensten Fällen Baugenehmigungen erfragt würden.
Zu guter Letzt soll kurz auf die Architektur und Argumente zur Anlage der Schottergärten eingegangen werden. Die Flächen entstehen auf nacktem Boden, auf den oftmals ein wasserdurchlässiges Kunststoff-Geflecht oder ein Vlies aufgebracht wird, um aufschießende Wildkräuter zu bremsen. (Lichtsperre, Vegetationssperre). Auf diese Vegetationssperre (idR Kunststoff, Alternativen aus Jute oder Kokos sind auch verfügbar) wird Gestein unterschiedlichster Art (Splitt, Bruchsteine, Kiesel) in variierender Höhe (es werden Schichten von ca. 10cm empfohlen) aufgebracht. Vereinzelt wird das Unkrautvlies auch geöffnet und es werden Pflanzen eingesetzt, welche dem Schotterbeet entwachsen. Vielfach handelt es sich dabei um vereinzelte Gräserbüschel oder langsam wachsene und nicht heimische Gehölze wie Koniferen und Buchs, oftmals sind diese auch in Form gestutzt. Neben der als erstrebenswert angesehenen optischen Wirkung der so gestalteten Flächen steht deren beworbene Pflegeleichtigkeit im Vordergrund. So soll auf den Steinflächen theoretisch ein Bewuchs ausgeschlossen werden. Durch anwehendes Substrat Laub und Samen entsteht mit der Zeit allerdings Vegetation – ähnlich der in Pflasterfugen, insbesondere in Schattenlagen und auf Bruchstein bilden sich Moose und Flechten. In Gartenforen im Internet werden Tipps ausgetauscht, wie man diesem unliebsamen Bewuchs auch mit (auf diesen Flächen unzulässigen) Herbiziden beikommen kann. Die Steinflächen erhitzen sich im Sommer stark, geben diese Wärme in der Nacht ab und beeinflussen damit das Mikroklima negativ. Die Böden verlieren mangels Durchwurzelung und durch Verdichtung ihre Fähigkeit, Wasser zu speichern und das Bodenleben geht – auch mangels Durchlüftung – zu Grunde. Zudem werden Fremdstoffe in Form von mit der Zeit verwitternden Kunststoffplanen in den Boden eingebracht.