„Völlig unzureichender Schutz der Alten in den Pflegeheimen, für Schüler*innen Dauer-Homeschooling ohne hinreichende Ausstattung, peinliche Bräsigkeit bei der Impf-Organisation, Wirtschaftshilfen, die viele nicht erreichen und ein Ministerpräsident, der sich aus allem heraushält. Der rot-schwarzen Landesregierung mangelt es auch ein Jahr nach Auftreten des ersten Corona-Falls in Niedersachsen immer noch an Planung und Vorausschau“, stellt Grünen Landesvorsitzender Hanso Janßen fest. Die Corona-Krise habe für viele Menschen existenzielle Belastungen gebracht, gesundheitlicher, sozialer und wirtschaftlicher Art. Und auch die Landesregierung habe vor völlig neuen Herausforderungen gestanden. „Dennoch ist gerade in dieser Krisensituation von der Landesregierung schnelles und sachgerechtes Handeln zu erwarten. Das ist ihr zu oft nicht gelungen.“
Insbesondere Gesundheitsministerin Reimann, Wirtschaftsminister Althusmann und Kultusminister Tonne stehen bei den GRÜNEN in der Kritik. „Es war in der Anfangsphase ja vielleicht unabwendbar, zum Schutz der Pflegebedürftigen in den Heimen eine 14-Täge Quarantäne für neue Bewohnerinnen und Bewohner anzuordnen. Nur dabei hätte es nicht bleiben dürfen. Schnelltests, mit denen Besucher- und Mitarbeiter*innen hätten systematisch getestet werden können, gab es schon im Mai. Halbwegs flächendeckend eingeführt wurden sie erst im Dezember. Wenn Ministerin Reimann da schneller ran gegangen wäre, hätte man viele Infektionsfälle in den Heimen vermeiden können“, so die Kritik von Janßen an der Gesundheitsministerin. Auch die Impfungen laufen nach Einschätzung der Grünen selbst zwei Monate nach dem Impfstart immer noch schlecht. „Im bundesweiten Vergleich gehört Niedersachsen weiterhin zu den Schlusslichtern und ist geradezu das Paradebeispiel dafür, was man organisatorisch alles in den Sand setzen kann – angefangen bei der Unfähigkeit den über 80-jährigen einen Brief zu schreiben, über Endloswarteschleifen in der Hotline bis hin zum hin und her beim Umgang mit der zweiten Impfdosis“, kritisiert Janßen. Zudem sei unklar, wie jetzt die Impfung mit dem Impfstoff Astra-Zenica organisiert werde, der nur für Menschen unter 65 Jahren zugelassen ist. „Allein in dieser Woche werden insgesamt 100.000 Impfdosen des Impfstoffs Astra-Zenica in Niedersachsen erwartet – zusätzlich zu den schon gelieferten 72.000. Ein Impfkonzept ist aber bislang nicht erkennbar.“
Kultusminister Tonne habe den Sommer zu wenig genutzt, um die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben. „Es war allen klar, dass es im Herbst mit hoher Wahrscheinlichkeit eine zweite Welle geben würde. Da ist es wenig hilfreich auf die Kommunen zu zeigen, statt selbst voranzugehen. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt, Versäumtes nachzuholen, die Digitalisierung der Schulen zur Chefsache zu machen und gemeinsam mit der im Wirtschaftsministerium neu geschaffenen Fachabteilung Digitalisierung voranzutreiben. Sonst bleiben Hausaufgaben in Dauerschleife. Das vertieft die sowieso schon gravierenden Ungerechtigkeiten in den Lernvoraussetzungen, da vor allem Kinder aus bildungsferneren Milieus damit erhebliche Schwierigkeiten haben“, befürchtet Janßen.
„Wirtschaftsminister Althusmann hat zwar richtigerweise das Innovations- und Investitionsprogramm „Neustart Niedersachsen“ für coronageschädigte Betriebe aufgelegt, die Förderungen jedoch werden nach Antragseingang und weder nach Bedürftigkeit noch nach Qualitätskriterien wie Arbeitsplatzschaffung oder Klimaschutzrelevanz vergeben. Das ist zu kurz gesprungen, die Zukunft gewinnt man so nicht. Und wenn schon die Auszahlungen des Bundes auf sich warten lassen, wären für viele Betriebe Überbrückungskredite zum Überleben wichtig. Auch hieran fehlt es weiterhin“ kritisiert der Landesvorsitzende.
Statt in das Chaos seiner Fachminister einzugreifen, habe Ministerpräsident Weil in den letzten Monaten so getan, als gehe ihn das alles überhaupt nichts an. „Herr Weil tut so, als wäre er der Pressesprecher, der vor laufenden Kameras das teilweise chaotische Vorgehen schön zu reden versucht. Er hat aber die Gesamtverantwortung und dieser Verantwortung muss er auch gerecht werden“ fordert der Landesvorsitzende. Der grundsätzlich sinnvolle Stufenplan müsse überarbeitet und ergänzt werden um eine umfassende Teststrategie und schnelle Hilfen für die sozialen und wirtschaftlichen Folgen. „Impfungen und Schnelltests bedürfen einer vorausschauenden Planung, Innovations- und Investitionshilfen für Betriebe müssen genauso wie öffentliche Investitionen an soziale und ökologische Kriterien geknüpft werden und Kinder und Jugendliche sind nicht nur Schüler*innen, sondern brauchen corona-angepasste Freizeitangebote. Niedersachsen braucht klare Leitlinien in der Corona-Politik. Und hier ist zuallererst Ministerpräsident Weil gefordert.“