In den letzten 25 Jahren haben wir mehr als ¾ unserer Insekten verloren. Das ist der dramatische Befund einer Gruppe ehrenamtlicher Insektenforscher aus Krefeld, die den Insekten-Bestand in mehreren Naturschutzgebieten über diesen langen Zeitraum kontinuierlich untersucht haben. Dass Krefeld kein Einzelfall ist, zeigen inzwischen eine Reihe anderer Studien.
Die Hauptursache für diese ökologische Katastrophe ist die großflächige Landwirtschaft, die unsere Kulturlandschaft in eine völlig verarmten Industrielandschaft verwandelt hat: Hecken- und Saumstrukturen wurden beseitigt und mit massivem Herbizideinsatz werden Äcker in Monokulturen verwandelt. Der hohe Einsatz von Stickstoffdünger hat selbst das Grünland – mit oder ohne grasende Kühe – zu Weidelgraswüsten gemacht. Den Insekten fehlt damit schlicht die Nahrungsgrundlage. Zusätzlich setzen Insektengifte – insbesondere die Neonikotinoide – den Bienen, Käfern und Schmetterlingen zu: Diese Gifte werden entweder versprüht oder sie werden zur vorbeugenden Behandlung des Saatgutes eingesetzt. Bei diesem sogenannten Beizen werden zu 80 Prozent Neonikotinoide verwendet. Dieses Nervengift wird von den Wurzeln aufgenommen und in Blätter und Blüten transportiert. Bienen verlieren durch Neonikotinoide die Orientierung, finden ihren Stock nicht mehr und sterben. Eine weitere Ursache des Insektensterbens ist die Lichtverschmutzung: Nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes fallen unserer Außenbeleuchtung in Deutschland in jeder Nacht etwa 1 Milliarde in die Irre geführte Insekten zum Opfer. Und auch im besiedelten Bereich, in den Städten und Dörfern, ist die Welt für Insekten nicht immer in Ordnung: nagelscherenkurzer Rollrasen, garniert mit Koniferen und Zierkies bringt Insekten herzlich wenig.
In der Menge können wir den Verlust der Insekten inzwischen relativ gut bemessen, welche ökologischen und ökonomischen Folgen damit verbunden sind, können wir bisher jedoch nur erahnen: Unsere Fledermaus- und Vogelbestände nehmen dramatisch ab. In den vergangenen 12 Jahren haben wir in Deutschland 12,7 Millionen Vogelbrutpaare und damit etwa 15% des Bestandes verloren. Der Star – Vogel des Jahres 2018 und nach wie vor ein Allerweltsvogel – ist in diesem Zeitraum um 2,6 Millionen Brutpaare zurück gegangen. Ökonomisch fällt mit dem Verschwinden von Fledermäusen, Vögel und Insekten die biologische Schädlingsbekämpfung aus und Bilder aus China, wo Menschen in Obstbäumen herumklettern, um diese mit dem Pinsel zu bestäuben, weil es keine Bienen mehr gibt, zeigen, wohin das Insektensterben führen kann: Mehr als ein Drittel unserer Nahrungsmittel hängen von der Bestäubungsleistung unserer Bienen ab.
Wir GRÜNEN kämpfen für Artenreichtum und ökologischen Vielfalt. Deshalb fordern wir:
- Ein sofortiges Verbot von Neonikotinoiden und ähnlich wirkender Insektizide
- Die schnelle Beendigung des Einsatzes von Glyphosat
- Den Verkauf von Pestiziden für den privaten Gebrauch einzustellen.
- Eine wirksame Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden durch
- Einführung einer Pestizidabgabe, aus deren Aufkommen naturschonende Produktionsweisen gefördert werden
- Verbindliche Verankerung des integrierten Pflanzenschutzes im Pflanzenschutzrecht, damit der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft nur erlaubt ist, nachdem sich andere Maßnahmen wie Änderung der Fruchtfolge, mechanische Unkrautbekämpfung oder biologische Schädlingsbekämpfung als nicht ausreichend wirksam erwiesen haben.
- Verzicht auf die Förderung einer pfluglosen Bodenbearbeitung, die in aller Regel nur durch vorherigen Einsatz eines Totalherbizides wie Glyphosat möglich ist.
- Vollständige Abschaffung der sog. Direktzahlungen an die Landwirtschaft und komplette Umstellung der Agrarförderung auf die Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft wie
- Ökologischen Landbau
- Extensive Nutzung des Grünlandes mit Umbruchverbot und Einschränkung der Düngung
- Neuanlage extensiv genutzten Dauergrünlands
- Anlage von Blühstreifen, Saumstrukturen, Hecken oder Streuobstwiesen.
Zudem fordern wir die Kommunen dazu auf, dafür einzutreten dass
- die landesweit rund 15.000 Hektar, die als Wegeseitenräume im kommunalen Eigentum von den Bewirtschafter*innen der angrenzenden Nutzflächen bisher mitgenutzt werden, aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden und künftig als ungenutzte Saum- oder Heckenstruktur die ökologische Vielfalt und das Landschaftsbild beleben.
- landwirtschaftliche Nutzflächen im kommunalen Eigentum nur noch an ökologisch oder auf andere Weise besonders naturschonend wirtschaftende Landwirt*innen verpachtet werden
- die öffentliche Beleuchtung zur Bekämpfung der Lichtverschmutzung auf das notwendige Maß beschränkt und Lampen eingesetzt werden, die energiesparend und insektenschonend nur nach unten abstrahlen.
- Öffentliche Garten- und Parkflächen möglichst naturnah bewirtschaftet und mit heimischen Blühpflanzen belebt werden.
- Anreize für naturnahe Umgestaltung von Privatgärten geschaffen werden.