Die Bundesländer tragen große Verantwortung für die Zukunftsherausforderungen bei Bildung, Betreuung und Wissenschaft – Themen, die uns Grünen besonders am Herzen liegen und bei denen jetzt entscheidende Weichen für die Zukunft unseres Gemeinwesens gestellt werden. Außerdem müssen die Bundesländer bei weiteren Zukunftsaufgaben, wie den sozialpolitischen Herausforderungen, einer modernen und nachhaltigen Infrastruktur, der Energiewende sowie dem Kampf gegen die Klimakrise mit anpacken.
Wir brauchen schnell eine gute, solidarische und gerechte Finanzierung dieser Zukunftsaufgaben. Nur wenn wir jetzt anfangen zu investieren und diese Herausforderungen angehen, vermeiden wir immense Folgekosten aufgrund der Klimakrise, einer maroden Infrastruktur oder schlechter Bildung. Wir brauchen jetzt Investitionen in die Forschung, um die Innovationskraft zu steigern. Eine finanzielle Stärkung dieser Zukunftsbereiche wird eine gesellschaftliche Rendite erbringen, die den Mitteleinsatz deutlich übersteigt. Umgekehrt wird der fortgesetzte Verfall der öffentlichen Infrastruktur immense Kosten kommenden Generationen aufbürden. Die Länder müssen daher gerade aus Gründen der Generationengerechtigkeit in die Lage versetzt werden, verstärkt in die Zukunft zu investieren und dauerhaft die Schuldenbremse einhalten zu können.
Leider sind durch unzureichendes gesetzgeberisches Handeln von Bund und Ländern sowie durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zwei wichtige Landessteuern unter massiven Druck geraten. Nachdem im Jahr 1995 die Vermögensteuer in der bis dahin geltenden Fassung vom Bundesverfassungsgericht beanstandet wurde, hat das höchste deutsche Gericht im vergangenen Dezember die Erbschaftsteuer bereits zum zweiten Mal für verfassungswidrig erklärt, da die Verschonungsregeln bei Betriebsvermögen dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen. Aus Reihen der Wirtschaft wurde aus Angst vor einer höheren Belastung daher auch schon die Abschaffung der Erbschaftsteuer gefordert. Damit würde ihr ein ähnliches Schicksal drohen wie der Vermögensteuer, die aufgrund unterlassener Novellierung nach dem Urteil nicht mehr erhoben wird. Beide Steuern sind jedoch elementar für die Finanzierung der Bundesländer. Die Erbschaftsteuer erbringt für Niedersachsen aktuell noch eine Summe von ca. 300 Mio. Euro im Jahr, während die Vermögensteuer vor ihrem Auslaufen im Jahr 1996 noch über 400 Mio. Euro erbracht hat. Berechnet man die Steigerungsraten seitdem mit, fehlen inzwischen sogar über eine Milliarde Euro pro Jahr aus der Vermögensteuer.
Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen setzen sich aus diesen Gründen dafür ein, die Vermögensteuer verfassungskonform wieder einzuführen und die Erbschaftsteuer unter Neuregelung der Verschonungsregeln dauerhaft als Landessteuer zu stärken. Dabei ist es unser Ziel, die Einnahmen aus diesen Steuern deutlich zu erhöhen.
Wir bekräftigen mit dieser Position den rot-grünen Koalitionsvertrag in Niedersachsen, der unter der Überschrift „Steuergerechtigkeit herstellen“ sowohl die steuerliche Stärkung der Einnahmeseite fordert, sich für eine verfassungsfeste und im Aufkommen erhöhte Erbschaftsteuer einsetzt, als auch für eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer votiert. Den Gesetzentwurf der SPD-Länderfinanzminister aus dem Jahr 2012 halten wir für eine gute Grundlage für die Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Bei der Neuausgestaltung dieser Steuern haben wir dabei die Unternehmen – ganz besonders die vielen niedersächsischen klein- und mittelständischen Betriebe – im Blick, die wir nicht in ihrer Existenz gefährden wollen. Arbeitsplätze, die dauerhaft für Produktivität und Steuereinnahmen in Niedersachsen sorgen, wollen wir erhalten. Die künftige Ausgestaltung dieser Steuern muss diesem Aspekt zielgenau Rechnung tragen. Dafür braucht es aber keine Vollverschonung für Betriebsvermögen, die derzeit zur Steuergestaltung bei der Erbschaftsteuer einlädt und damit vor allem die Superreichen vor einer Besteuerung schützt. Vielmehr ist es ausreichend, Begünstigungen bei der Erbschaft- und Vermögensteuer auf kleine und mittlere Betriebe zu konzentrieren, die Ertragssituation der Unternehmen zu berücksichtigen und umfassende Stundungsmöglichkeiten der Steuer zu gewähren. Das Bundesverfassungsgericht hat außerdem bei der Erbschaftsteuer zu Recht angemahnt, dass die Notwendigkeit einer Gewährung eines Vorteils im Einzelfall zu prüfen ist. Es ist einfach nicht gerecht, wenn der Erbe eines milliardenschweren Aktienpakets keine Steuern zahlen muss, obwohl er die Steuer leicht aufbringen könnte, während der Immobilienbesitzer in voller Höhe herangezogen wird.
Die Schere zwischen Arm und Reich ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich weiter auseinander gegangen. Bereits über ein Drittel des gesamten Vermögens gehört nur einem Prozent der Bevölkerung, während die Hälfte der Bevölkerung in der Bundesrepublik über kein nennenswertes Vermögen verfügt. In keinem Land der Euro-Zone sind die Vermögen ungleicher verteilt als in Deutschland. Gleichzeitig tragen hohe Vermögen immer weniger zur Staatsfinanzierung bei. Erbschaft- und Vermögensteuer gehören zu den wichtigsten Instrumenten, um diese Entwicklung zu korrigieren. Daher ist es für uns Grüne eine Frage der Gerechtigkeit, dass hohe Vermögen und Erbschaften zukünftig wieder einen deutlich höheren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens und zur Finanzierung der Zukunftsaufgaben in Niedersachsen und den anderen Bundesländern leisten.
Mit den deutlich höheren Einnahmen aus der Wiedereinführung der Vermögensteuer und der novellierten Erbschaftsteuer können die Länder notwendige Investitionen in gute Bildung und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung, öffentliche Infrastruktur, Umwelt- und Klimaschutz, die Energiewende und den sozialen Zusammenhalt tätigen. Diese Investitionen sind nicht nur für eine moderne, ökologische und gerechte Gesellschaft wichtig, sondern sind auch die Grundlage für eine leistungsfähige, nachhaltige Volkswirtschaft und erfolgreiches unternehmerisches Handeln