Im Jahr 2013 hat die Enquetekommission des Bundestages bestätigt, was der Club of Rome schon 1972 erklärt hat und der gesunde Menschenverstand ohnehin weiß: Auf einem endlichen Planeten ist unendliches Wachstum nicht möglich.
Der 850-seitige Bericht ist in den Schubladen Berlins verschwunden, und wir sind in den letzten zwölf Jahren weder als Land noch als Partei weitergekommen. Kleine Maßnahmen wie etwa Verschärfungen des Verpackungsgesetzes sind von einer immer größeren Flut von Billigartikeln und Wegwerfprodukten überschwemmt worden.
Im Vergleich zu 2013 fahren wir mehr Autos. Wir wohnen auf mehr Fläche. Wir verbrauchen mehr Stahl und Kunststoff denn je zuvor. Wir kaufen mehr Kleidungsartikel und Elektronik, die wir auch schneller entsorgen und ersetzen.
Wir leben billig, bequem und auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder – sowie auf Kosten der Millionen von Menschen, die unter häufig unmenschlichen Bedingungen unseren Konsum ermöglichen.
Den Ressourcenverbrauch deutlich zu reduzieren bedeutet, Verantwortung auf mehreren Ebenen wahrzunehmen: Jede und jeder Einzelne kann durch bewusstes Konsumieren, geringeren Flächenverbrauch und längere Nutzung von Produkten einen wichtigen Beitrag leisten. Doch individuelle Verantwortung allein reicht nicht aus, solange Produzenten und Handel weiter mit kurzlebigen, schwer reparierbaren oder übermäßig verpackten Produkten den Markt überschwemmen. Sie müssen verpflichtet werden, langlebige, reparaturfreundliche und ressourcenschonende Produkte anzubieten und dafür neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Es bleibt die Aufgabe der Politik, diese Rahmenbedingungen zu setzen und durch klare Regeln sicherzustellen, dass nachhaltiges Verhalten nicht die Ausnahme, sondern der Standard wird. Verantwortung darf nicht einseitig verschoben werden: Verbraucher*innen brauchen faire Angebote, Handel und Industrie müssen ökologisch verträglich produzieren, und Regierungen müssen ordnungspolitisch steuern.Das wird nicht ohne ordnungspolitische Maßnahmen gehen. Diese müssen zügig beschlossen werden, damit eine geordnete und planbare Umstellung für die Wirtschaft machbar bleibt.
Wir fordern unsere Partei und ihr Mandatsträger*innen auf allen Ebenen dazu auf, bei der Erstellung von Wahlprogrammen, bei Koalitionsverhandlungen, bei der Arbeit in den Parlamenten und bei der Öffentlichkeitsarbeit sich noch stärker für einen vernünftigen Umgang mit den begrenzten Ressourcen unseres Planeten einzusetzen. Konkret schlagen wir vor:
REDUCE & REUSE
Wir müssen vor allem eines: weniger verbrauchen. Das können wir über folgende Wege erreichen:
– Eine Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistung, die bei manchen Produkten wie etwa Möbeln oder einzelnen Teilen wie Akkus ein Vielfaches der aktuellen zwei Jahren sein könnte.
– Ein generelles Verbot von Einwegprodukten und -Verpackungen, wo Mehrwegprodukte bzw. -verpackungen möglich sind.
– Das Vorschreiben eines Minimalprinzips bei Verpackung, wobei es nicht rein um die Menge des Verpackungsmaterials sondern auch die Umweltfreundlichkeit des Materials gehen soll.
– Die Normierung von Teilen, die selten kaputt gehen, damit diese wieder verwendet werden können, z.B.: Computergehäuse, Kühlschrankschubladen, Autositze und -türen.
– Die Einführung einer Ressourcensteuer, die die ökologische Auswirkung der jeweiligen Ressourcen berücksichtigt. Entlastend könnte z.B. eine Anpassung der Mehrwertsteuer erfolgen.
– Gebrauchte Gegenstände – von Kleidung über Waschmaschinen bis hin zu Autos – sollen von der Mehrwertsteuer befreit werden.
– Teil- und Tauschbörsen sollen gefördert werden.
– Um den Online-Konsum zu bremsen und das bewusste Einkaufen vor Ort zu fordern, sollen kostenlose Retouren verboten werden. Außerdem soll das Entsorgen von Retouren verboten werden.
-Das Bauwesen ist mit rund 90 Prozent des inländischen Rohstoffverbrauchs – über 500 Millionen Tonnen jährlich – der größte Eingriff in natürliche Ressourcen. Vor allem Zement und Beton tragen erheblich zu den 40 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen aus Bau und Gebäuden bei. Zudem stammt mehr als die Hälfte des deutschen Abfalls aus dem Bausektor, während hochwertiges Recycling bislang kaum stattfindet. Künftige Priorität muss daher auf Erhalt, Umbau und Umnutzung bestehender Gebäude gelegt werden. Öffentliche Förderung und Genehmigungspraxis sollten konsequent an diesen Kriterien ausgerichtet sein.
-Bei Neu- und Umbauten sollen künftig ausschließlich schadstofffreie, nachwachsende oder recycelte Baustoffe – etwa Recyclingbeton – zum Einsatz kommen. Dazu muss die Zertifizierung solcher Materialien erleichtert und ein Materialienkataster eingeführt werden, mit dem Gebäude als Rohstofflager und Städte als Rohstoffminen geplant und genutzt werden können.
-Darüber hinaus braucht es Strategien für neue Wohnformen. Beispiele wie Mehrgenerationenhäuser, Clusterwohnungen oder genossenschaftliche Modelle erhöhen die Flächeneffizienz, senken den Ressourcenverbrauch und stärken den sozialen Zusammenhalt. Hierfür gilt es, rechtliche und fördertechnische Hürden abzubauen.
REPAIR & RENOVATE
– Bestehende Regeln für die Reparierbarkeit von Elektrogeräten sollen strenger durchgesetzt werden, Akkus müssen sich ohne Spezialwerkzeug ersetzen lassen.
– Es muss grundsätzlich möglich sein, Wartungen und kleine Reparaturen von Fremdfirmen durchführen und generische Ersatzteile einzubauen zu lassen, ohne dass die Gewährleistung verfällt. Der Beweislast, dass solche Arbeiten problematisch waren, soll beim Hersteller liegen.
RECYCLE
– Recycling ist die letzte Option, dennoch besser als wegwerfen. Allerdings kostet Recycling Energie, und Verluste an Menge oder Qualität eines Materials sind kaum zu vermeiden.
REGIONALISE
– Kürzere Wege sparen Energie. Die Forderung aus unseren letzten beiden Wahlprogrammen, regionale Wirtschaftskreisläufe zu fordern, geben wir daher nicht auf.
PLASTIK-UMSTIEG
– Mikroplastik ist überall, selbst in unseren Gehirnen und in den Plazenten ungeborener Babys. Ganz ohne Kunststoff zu leben, wäre aber z.B. in der Medizin extrem schwierig. Wir sollten aber möglichst schnell auf Kunststoff aus Mineralöl verzichten und zu biologisch abbaubaren Kunststoffen wechseln. Gleichzeitig muss der Gesamtverbrauch reduziert werden, damit die Nachfrage nach Bio-Kunststoff nicht zu mehr Flächenverbrauch führt.
BEST PRACTICE FOLGEN
– In jedem Land gibt es gute Beispiele für den Umgang mit Material: In Großbritannien bleiben die Kennzeichen auf dem Fahrzeug, sie werden weder beim Umzug noch beim Verkauf getauscht. In Frankreich müssen Supermärkte abgelaufene Lebensmittel spenden. Die Niederlande haben den privaten Gebrauch von Feuerwerk verboten. In Florida wurde gerade verboten, Heliumballons steigen zu lassen.
VERBINDLICHE ZIELE SETZEN
Ressourcen, die nicht erneuerbar sind, müssen so genutzt werden, dass sie im Kreislauf bleiben. Es darf nicht sein, dass sie dauerhaft verbraucht werden und am Ende nicht einmal recycelbar sind. Das Ziel einer „Null-Verluste-Gesellschaft“ – also einer Wirtschaft ohne Abfälle – ist nur langfristig erreichbar und anspruchsvoll. Doch verbindliche Ziele zur Verringerung des Ressourcenverbrauchs sind ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung. Solche Vorgaben sollten nicht nur für mineralische Rohstoffe gelten, sondern auch für pflanzliche und tierische Ressourcen. Nur so lässt sich verhindern, dass der Druck auf landwirtschaftliche Flächen weiter zunimmt und wertvolle Ökosysteme zerstört werden.