Beschluss des Landesvorstands der GRÜNEN in Niedersachsen zur diskriminierungsfreien Bezahlkarte

Beschluss des Landesvorstandes vom 07.08.2024

Integration gelingt nur, wenn Menschen am alltäglichen Leben teilhaben können. Und diese Teilhabe ist an vielen Stellen in Deutschland noch immer nur mit der Hilfe von Bargeld möglich: Auf dem Stadtfest hilft eine Bezahlkarte nicht weiter, auch am Schulkiosk oder bei Ausflügen mit der Klasse kann nur bar gezahlt werden, auch der Zugang zu öffentlichen Toiletten ist ohne Bargeld in vielen Fällen nicht möglich. Wem der Zugang zu Bargeld verwehrt ist, erlebt Stigmatisierung und Ausgrenzung.

Der Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen unterstützt die Idee, eine diskriminierungsfreie Bezahlkarte einzuführen, um Kommunen zu entlasten, Bürokratie abzubauen und Digitalisierung voranzubringen. Die durch die Ministerpräsident*innenkonferenz befürwortete Bargeld-Beschränkung auf 50 € bewerten wir als nicht zielführend.

Als GRÜNE in Niedersachsen setzen wir uns auch angesichts dessen dafür ein, dass die schlussendlich in Niedersachsen eingeführte Bezahlkarte Menschenrechte wahrt und im Sinne der Betroffenen ausgestaltet wird, anstatt das alltägliche Leben Einzelner unnötig zu erschweren. Ausdrücklich unterstützen wir hierbei die Position der Landtagsfraktion.

Wir appellieren darum eindringlich an die Landesregierung, dieses Vorhaben sinnvoll auszugestalten, mindestens aber den Fortbestand der Social Card in Hannover zu gewährleisten, die sich bereits im Einsatz befindet und hervorragend funktioniert. Etablierte, erfolgreiche Strukturen mindestens zu gefährden, effektiv aber einzustampfen, ist nicht sinnvoll.

Die Bezahlkarte kann aus Sicht des Landesvorstands nur dann ihr Ziel erreichen, wenn folgende Eckpunkte gewahrt bleiben:

  • Der zusätzliche Aufwand, der durch die Einführung einer Bezahlkarte und bei der Betreuung Ratsuchender entsteht, ist erheblich. Angesichts der aktuellen Haushaltslage muss sichergestellt werden, dass die Mittel für Sozialarbeiter*innen und die Migrations-/Integrationsberatung erhalten bleiben.
  • Der Landesvorstand befürwortet grundsätzlich eine diskriminierungsfreie Geldkarte nach dem Vorbild der Stadt Hannover. Dabei müssen der Zugang zu Bargeld, die Teilhabe am sozialen Leben und die Möglichkeit zur Bargeldabhebung gewährleistet sein.
  • Eine Bargeldbegrenzung auf 50 € schränkt Integration und Teilhabe nicht nur unverhältnismäßig ein, sondern führt zu Stigmatisierung und Ausgrenzung. Einer pauschalen und starren Bargeldobergrenze hat zuletzt auch das Sozialgericht Hamburg eine Absage erteilt. Örtliche Besonderheiten und unterschiedliche Lebenslagen müssen berücksichtigt werden.
  • Der Schutz sensibler Daten muss gewährleistet sein. Dies schließt die Verhinderung der unbefugten Speicherung und Auslesung personenbezogener Daten ein.
  • Die Bezahlkarte muss umfassend einsetzbar sein. Es muss möglich sein, Überweisungen zu tätigen. Denn, wie in bestimmten Fällen Bargeld unerlässlich ist, so sind in vielen Bereichen Überweisungen unentbehrlich: So ist man bei Handyverträgen oder beim Deutschland-Ticket auf Zahlungen per Überweisung angewiesen.
  • Die Bezahlkarte darf in ihrer Anwendung nicht regional begrenzt werden. Es muss Menschen weiterhin möglich sein, Verwandte oder Freund*innen zu besuchen oder auch zu ihrem Rechtsbeistand zu reisen, ohne befürchten zu müssen, vor Ort keine Zahlungen tätigen zu können.