Menschen und Demokratie schützen: AfD Verbot prüfen!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 13./14. April 2024 in Oldenburg

Erinnern wir uns: Zu Beginn des Jahres ging ein bewegender Ruck durch die
Republik. Nach den Correctiv-Enthüllungen über Deportationspläne von AfD und Co
hat es Millionen Menschen auf die Straße getrieben. Auch in Niedersachsen
demonstrierten Unzählige. Ob 35.000 in Hannover, 25.000 in Osnabrück oder 3.000
in Verden und 2.000 in Gifhorn. Insgesamt waren es wohl mehr als 250.000
Niedersächs*innen, die deutlich gemacht haben, dass Hass, Hetze und Verschwörung
in unserer freien, pluralen Gesellschaft keinen Platz haben.

In Niedersachsen wären über 20 Prozent der Menschen von den rechtsextremen
Plänen betroffen. Das sind mehr als 1,6 Millionen Menschen, die hier
aufgewachsen sind oder in Niedersachsen eine neue Heimat gefunden haben. Das
sind Menschen, die in Vereinen und Initiativen das Leben vor Ort lebenswerter
machen. Das sind unsere Freund*innen, Nachbar*innen, Kolleg*innen. Das sind
Familienmitglieder und Menschen, die das Gesicht dieser Gesellschaft prägen. Wir
alle stellen uns schützend vor sie und zeigen den Menschenfeinden: Wir geben
euch keinen Fußbreit!

Die Reaktion der Rechtsextremen auf die Demokratiebewegung lässt tief blicken.
Es seien gar keine Geheimpläne, sondern das Parteiprogramm. Die Botschaft: Wer
Faschisten wählt, bekommt Faschismus – das ist ein Versprechen. Und das dürfen
wir nicht zulassen, nie wieder. Die Gefahr ist in diesem Superwahljahr 2024 so
real wie lange nicht mehr. Deshalb gilt es jetzt, die Menschen in diesem Land,
die Gesellschaft und die Demokratie zu verteidigen. Die Lage ist ernst, also
nehmen wir sie ernst und schöpfen die Mittel aus, die uns zur Verfügung stehen.

Unsere Demokratie ist wehrhaft! Es ist Zeit für ein AfD-Verbotsverfahren

Als die Mütter und Väter des Grundgesetzes zusammenkamen, um nach dem Grauen des
Nationalsozialismus eine Verfassung zu beraten, stand eine zentrale Lehre aus
Weimar über diesem Prozess: Nie wieder. Und dieses nie wieder ist nicht nur
jetzt, es ist schon längst. Denn nicht erst seit dem Treffen von Potsdam greift
die AfD unsere Verfassung an, sondern sie plant und strukturiert diesen Prozess
seit Jahren. Rassismus, Antisemitismus, Menschenfeindlichkeit – viel zu lange
konnte die AfD ihre faschistische Ideologie verbreiten, viel zu oft leistete sie
rechter Gewalt massiv Vorschub. Halle, Hanau, der Mord an Walter Lübcke und
viele weitere Taten mahnen. Genau für solche Angriffe auf die Würde des
Menschen, haben die Autor*innen unseres Grundgesetzes unsere Demokratie wehrhaft
gemacht. Als eine Demokratie, die sich auf rechtstaatlichem Weg gegen ihre
Feinde zu wehren vermag, selbst bzw. gerade dann, wenn diese als relevante Kraft
in Parlamenten sitzen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im jüngsten Urteil zum Finanzierungsausschluss
der NPD-Nachfolgepartei “Die Heimat” nochmals klargestellt, dass in einer
wehrhaften Demokratie, Parteien verboten werden können, die auf die Abschaffung
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen. Für ein
Verbotsverfahren müssen diese Parteien inhaltlich nicht nur gegen die
demokratische Verfasstheit der Bundesrepublik gerichtet sein, sondern auch durch
planvolles und aktives Handeln an der Beseitigung der Demokratie arbeiten.
Inhaltlich wie strategisch hat sich die AfD dabei längst weitgehend der NPD
angeglichen, für deren Verbot allein ihre Relevanz fehlte. Das eingangs
adressierte Treffen von Potsdam ist dafür nur ein Beweis unter vielen, zeigt
aber, dass die AfD bereit ist, aufbauend auf einem rassistischen
Volksverständnis, in Kooperation mit internationalen Rechtsextremisten
Menschenwürde und Demokratie anzugreifen.

Die Möglichkeit, ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD anzustrengen, wie es
in Artikel 21, Absatz 2 des Grundgesetzes dargelegt ist, ist aus den
beschriebenen Gründen daher nicht nur möglich, sondern auch dringend notwendig.
Denn gegen die Verletzung der Menschenwürde, gegen den Angriff auf die
freiheitlich demokratische Grundordnung muss sich unsere Demokratie in
Verantwortung vor der deutschen Geschichte und in Verantwortung vor allen von
AfD-Ideologie betroffenen und gefährdeten Menschen wehren.

Deshalb laden wir niedersächsische GRÜNE unsere demokratischen Mitbewerber*innen
– insbesondere SPD und CDU – ein, sich gemeinsam mit uns im Land hierfür
einzusetzen:

Umgehend eine Sammlung aller für ein Parteiverbot nach Art. 21, Abs. 2, GG
notwendigen Materialien auf den Weg zu bringen und hinsichtlich einer
möglichen Verbotswürdigkeit der AfD zu qualifizieren. Dabei ist
zivilgesellschaftliches Wissen über das planvolle Vorgehen der AfD mit zu
berücksichtigen.
Schon auf der Grundlage einer solchen Materialsammlung und unter
Berücksichtigung des zu erwartenden Urteils des OVG Münster zur Einstufung
der AfD für eine umgehende Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens
einzusetzen.
Parallel dazu zu prüfen, ob ein Verbot der Jungen Alternative nach dem
Vereinsrecht möglich ist und sich für ein solches Verbot einzusetzen bzw.
zu prüfen, ob ein Verbot der Jungen Alternative ggf. ebenfalls im Rahmen
eines Verbotsverfahrens nach Art. 21, Abs. 2, GG darzustellen ist.
Verfahren und Institutionen einem Resilienzcheck zu unterziehen und
mögliche Bedarfe identifizieren, wo die demokratischen Schutzstandards
wehrhafter gestaltet werden müssen.
Spätestens seit dem Treffen von Potsdam sind alle demokratischen Parteien dazu
aufgerufen, sich zum Schutz der Demokratie im Angesicht der konkreten Pläne der
AfD und ihres politischen Vor- und Umfelds zu verhalten. Ein AfD
Verbotsverfahren besitzt wie jedes Verfahren Risiken, ein Parteiverbot kann
niemals politische und zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung ersetzen, auch
nicht gute Politik der Daseinsfürsorge, soziale Absicherung oder Prävention. Ein
Verbot allein rettet Demokratie nicht.

Aber es beendet die Möglichkeit der Gesamtstruktur AfD, das Ziel des Kampfes um
die Köpfe, die Straßen, die Parlamente und den organisierten Willen, den
konzertierten Angriff auf Demokratie und Menschenwürde zu vollenden. Wenn “nie
wieder ist jetzt” keine Floskel bleiben soll, dann nehmen wir die Mütter und
Väter des Grundgesetzes ernst, nutzen die notwendigen und vorhandenen Verfahren
und Vertrauen in unsere Institutionen. Ein Verbotsverfahren einzuleiten, kann
immer nur ein Teil wehrhafter Demokratie sein. Aber ein zentraler. Die Zeit ist
reif, schon längst!

 

 

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 13./14. April 2024 in Oldenburg