PLURAL NACH VORNE Struktur- und Bewusstseinwandel durch Vielfaltkompetenz fängt bei uns selbst an

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz (LDK) von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen vom 30.11.19 /1.12.2019 in Osnabrück

Niedersachsen ist heute vielfältiger und bunter denn je. In einer Demokratie muss aber die aktive, sichtbare und gerechte Teilhabe von und mit Allen möglich sein. Davon sind wir aber noch weit entfernt: Nur zu oft werden Menschen aufgrund des (zugeschriebenen) Migrationshintergrundes, ihres Namens, ihrer Religion, ihrer „Hautfarbe“, ihres Äußeren, ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, ihres sozio-ökonomischen Hintergrundes, Alters oder ihrer Behinderung diskriminiert und/oder ausgeschlossen. Wie z.B. in einer Einwanderungsgesellschaft die gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht werden kann, ist eine Kernfrage für Bündnis 90/Die Grünen. Diskriminierungen und Ausschlussmechanismen abzubauen ist daher eine der zentralen Aufgaben Grüner Politik. Ein wichtiger Schlüssel für Teilhabe ist für uns nach wie vor die interkulturelle Öffnung der Gesellschaft, von Institution, Unternehmen und Organisationen. So wird Teilhabe von Individuen, Bevölkerungsgruppen und Organisationen an Entscheidungs- und Willensbildungsprozessen strukturell verankert. Vielfältige interkulturelle Perspektiven werden von vorne herein stärker einbezogen. Zugangsbarrieren werden abgebaut und Dienstleistungen diskriminierungsfrei, kultursensibel und effektiver angeboten.

Wer die Gesellschaft ändern will, muss bei sich selbst beginnen. Als Grüne tragen wir eine besondere Verantwortung dafür, dass sich die Vielfalt unserer Gesellschaft in unseren politischen Prozessen und Strukturen selbst widerspiegelt.

Jetzt wollen wir uns auf den Weg machen, unsere Strukturen mit konkreten, verschiedenen Maßnahmen zu verbessern, um dauerhaft pluraler und vielfältiger zu werden mit dem Ziel den Anteil der Menschen in der Bevölkerung zu erreichen.

Dazu gehört auch, dass sich die Vielfalt in unseren Parlamenten widerspiegeln muss. In den Kommunalparlamenten sowie im Land- und Bundestag sind viele Gruppen nach wie vor unterrepräsentiert.

Auch in etlichen grünen Fraktionen sind z.B. kaum oder gar keine Menschen mit Migrationshintergrund vertreten, Das betrifft nicht nur kleine Gemeinden, sondern auch Städte und Landkreise, in denen allein in der Bevölkerung jede*r Vierte einen Migrationshintergrund/eine Migrationsgeschichte hat. Damit können wir als Partei nicht zufrieden sein. Das soll sich u.a zur nächsten Kommunalwahlen ändern.

Anliegen und verschiedene Perspektiven der Einwanderungsgesellschaft müssen in Entscheidungsprozessen abgebildet sein – ob in kleinen Gemeinden, in den Städten, Landkreisen oder im Landtag. So können wir ein Legitimationsdefizit der Parlamente gegenüber Mitbürger*innen mit Migrationshintergrund vermeiden.

Der Landesverband von Bündnis 90/Grünen setzt sich folgendes Ziel:

Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass Menschen, die aufgrund ihres (zugeschriebenen) Migrationshintergrundes, ihres Namens, ihrer Religion, ihrer „Hautfarbe“, ihres Äußeren, ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, ihres sozioökonomischen Hintergrundes, ihres Alters oder ihrer Behinderung in unserer Gesellschaft oft diskriminiert werden, in unserer Partei ihrem gesellschaftlichen Anteil entsprechend repräsentiert sind. Deshalb arbeiten wir darauf hin, ihre Anzahl niedersachsenweit in den KVs, den Fraktionen, auf kommunaler Ebene und darüber hinaus, dem Landesvorstand, dem Parteirat, dem gesellschaftlichen Anteil dieser Personengruppen in Niedersachsen anzupassen (bei Menschen mit Migrationshintergrund sind das derzeit beispielsweise 22%) und somit i re Repräsentation innerhalb der Parteistrukturen allen Ebenen zu verbessern. Wir wollen unsere Strkturen einem Vielfaltcheck unterziehen, um unsere Vielfaltskompetenzen auf allen Ebenen zu fördern.

Darüber hinaus müssen wir dauerhafte Strukturen schaffen

Ein Diversity-Rat

Um unseren Landesverband vielfältiger und diverser aufzustellen, gelingt nicht von heute auf morgen. Es braucht dazu einen langen Atem, aktive, nimmersatte Aktivist*innen, dauerhafte Strukturen und echte Macht. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, Strukturen zu schaffen, die den Diversitätsprozess dauerhaft begleiten und fördern. Zu diesem Zweck führen Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen einen Diversity-Rat ein der vom Landesvorstand eingesetzt wird.

Der Diversity-Rat soll zunächst für ein Jahr arbeiten. Er soll die aktuellen Problemstellungen aufarbeiten, Ansätze für Diversity-Strategien erarbeiten und erste konkrete Maßnahmen vorschlagen, die vom Landesvorstand verabschiedet werden sollen. Außerdem soll der Diversity-Rat in Zusammenarbeit mit dem Landesvorstand einen Diversity-Bericht erarbeiten, der auch Vorschläge zur Verstetigung der Arbeit des Diversity-Rates enthält. Dieser Bericht soll parteiöffentlich vorgelegt und auf einer LDK diskutiert werden.

Diversity-Trainings

Um die Partei noch stärker für das Thema Diversity zu sensibilisieren und für den Umgang damit zu befähigen, ist es wichtig, regelmäßige Fortbildungen in Kooperation mit internen und externen Expert*innen anzubieten. Der Fokus soll zunächst auf zielgruppenspezifischen Diversity-Trainings mit Schwerpunkt Antirassismus und Empowerment liegen. Dadurch sollen Vorstände und andere Funktionsträger*innen in einem ersten Schritt insbesondere für Formen und Wirkungsweisen rassistischer Diskriminierung sensibilisiert und befähigt werden, damit kompetent, reflektiert, (selbst)kritisch und verantwortungsvoll umzugehen. Darüber hinaus ist es auf Dauer wünschenswert, selbst Trainer*innen durch sogenannte „Train the Trainer“-Programme auszubilden, die ihr Wissen weitergeben können. Ziel ist es, die Mitglieder so auszubilden, dass sie ihr Wissen und ihre Erfahrung in den KVs und den Landesarbeitsgemeinschaften weitergeben können und damit in die Breite der gesamten Partei hineinwirken. Eine enge Kooperation mit unserer Stiftung Leben und Umwelt ist hier anzustreben.

Vielfältige Formate für eine vielfältige Partei

Damit der Diversitätsprozess in der ganzen Breite der Partei und auf allen Ebenen aktiv mitgetragen wird, braucht es Sichtbarkeit und einen innerparteilichen Diskussionsprozess. Sowohl über den Landesverband als auch in den Kreisverbänden sollen öffentliche Veranstaltungen angeregt, ein Grünes Forum z.B. zur politischen Teilhabe von Migrant*innen sowie weitere Formate ermöglicht werden. Außerdem sollen weitere Maßnahmen wie Mentoring-Programme und die verstärkte Berücksichtigung bei Mitgliederwerbung, Wahlkampfmaterialien und Publikationen in den Blick genommen werden.

Bündnis 90/Die Grünen ist die Vielfaltspartei. Das wollen wir nach innen wie nach außen sein. Migration und Teilhabe verstehen wir als Querschnittsthemen. Damit Diversity mehr als eine Worthülse wird, nehmen wir die vor uns liegende Aufgabe ernst und packen diese als Partei gemeinsam an. Wir gehen plural nach vorne! Der Diversity-Rat kann beispielsweise folgende Maßnahmen anstoßen:

  1. Agenda-Setting: Politische Teilhabe von Migrant*innen als Thema
  2. Workshop / Sommerakademie zum Thema „Wie Vielfalt auf kommunaler Ebene
    fördern?“
  3. Mentoring-Programm für Menschen mit Migrationshintergrund in Zusammenarbeit
    mit unserer Stiftung Leben und Umwelt
  4. Mitgliederwerbung durch verstärkte thematische Einbindung

Landesdelegiertenkonferenz (LDK) von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen vom 30.11./1.12.2019 in Osnabrück