März als Feiertag in Niedersachsen einführen – bestehende Feiertage weiter mit Leben füllen

LDK Beschluss LDK Wolfsburg 08./09.November 2025

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen setzen sich dafür ein, dass der 8. März, der internationale feministische Kampftag, in Niedersachsen als gesetzlicher Feiertag eingeführt wird. Wir unterstützen die laufende Petition an den Niedersächsischen Landtag sowie die Forderungen der ver.di Frauen, des DGB, des Landesfrauenrates Niedersachsen und zahlreicher weiterer Organisationen, die sich seit Jahren für die Einführung dieses Feiertags einsetzen. Zugleich fordern wir die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für eine bundeseinheitliche Einführung des 8. März als gesetzlichen Feiertag stark zu machen.

Der Frauenkampftag steht weltweit für Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit. In mehreren Bundesländern, darunter Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, ist er bereits ein gesetzlicher Feiertag. Niedersachsen sollte diesem Beispiel folgen und damit ein klares Signal setzen: Gleichstellung ist ein gesellschaftlicher Wert, der gewürdigt und gefeiert werden darf. Es ist ein Bekenntnis zu hart erkämpften und noch ausstehenden Rechten von Frauen sowie echte Gleichberechtigung. Ein solcher Feiertag wäre ein sichtbares Zeichen der Anerkennung für die vielfältige Arbeit von Frauen, Feminist*innen und Gleichstellungsakteur*innen in Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Wir stehen fest an der Seite der Gewerkschaften, die für diesen Feiertag kämpfen.

Wir lehnen die Forderung der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN), gesetzliche Feiertage abzuschaffen, ab. Feiertage sind kein ökonomischer Ballast, sondern ein Ausdruck gesellschaftlicher Werte und sozialer Balance. Sie fördern Erholung, Gesundheit und Produktivität und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dass Feiertage der Wirtschaft nicht schaden, zeigt das Beispiel Bayern: Das Bundesland mit den meisten Feiertagen in Deutschland hat gleichzeitig eine der stärksten Volkswirtschaften. Wirtschaftlicher Erfolg und soziale Lebensqualität schließen sich nicht aus – sie bedingen einander. Nicht zuletzt ist fehlende Gleichstellung wirtschaftlich wesentlich teurer als dieser Feiertag. Darauf sollte sich in der wirtschaftspolitischen Diskussion fokussiert werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen stehen für ein Gesellschaftsverständnis, das Arbeit, Zeit und Wohlstand ganzheitlich denkt. In unserem Landtagswahlprogramm betonen wir die Bedeutung sozialer Nachhaltigkeit, gerechter Teilhabe und eines respektvollen Miteinanders. Feiertage sind in diesem Sinne keine reine arbeitsfreie Zeit, sondern Momente des Innehaltens, der Begegnung und der Reflexion über gemeinsame Werte.

Trotz wichtiger Fortschritte steht die Gleichstellung der Geschlechter auch heute noch und aktuell wieder unter erheblichem Druck. Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt rund 18 Prozent weniger als Männer (Gender Pay Gap 2024), übernehmen weiterhin den Großteil der Sorgearbeit, und in Führungspositionen, Parlamenten und Hochschulen sind sie nach wie vor unterrepräsentiert. Auch in Niedersachsen liegt der Anteil von Frauen in kommunalen Vertretungen nur bei etwa 30 Prozent. Gleichzeitig nehmen antifeministische und rechtspopulistische Kräfte zunehmend Einfluss, um bereits erkämpfte Rechte – etwa im Bereich von reproduktiver Selbstbestimmung, Gleichstellungspolitik und Geschlechtervielfalt – wieder infrage zu stellen. Der 8. März als gesetzlicher Feiertag wäre daher ein sichtbares politisches Zeichen, dass Niedersachsen sich diesen Rückschritten entschlossen entgegenstellt. Er würdigt den jahrzehntelangen Einsatz von Frauen für gleiche Rechte, faire Bezahlung und gesellschaftliche Teilhabe – und erinnert uns alle daran, dass Gleichstellung keine Selbstverständlichkeit, sondern eine dauerhafte demokratische Aufgabe ist.

Bestehende Feiertage aufwerten, nicht wahllos nachholen

Feiertage sind gesellschaftliche Ankerpunkte, die Orientierung und Zusammenhalt stiften können. In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft mit zunehmender Polarisierung, Informationsüberflutung und sozialem Druck konfrontiert ist, brauchen wir Momente des bewussten Innehaltens. Feiertage bieten diese selten gewordenen Räume: Sie können Gelegenheiten sein, über zentrale Werte wie Frieden, Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit, Demokratie, Religion und ökologische Verantwortung nachzudenken – Werte, die im Kern auch grüne Politik prägen.

Feiertage sind auch Brücken zwischen Vergangenheit und Zukunft. Sie ermöglichen, gesellschaftliche Lernprozesse sichtbar zu machen. Durch Kooperationen zwischen Schulen, Kulturinstitutionen, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Vereinen und Kommunen können Feiertage wieder zu Tagen des Dialogs und der demokratischen Bildung werden.

VieleFeiertage haben historische Wurzeln, die eng mit sozialen Bewegungen, religiösen Traditionen oder gesellschaftlichen Emanzipationsprozessen verbunden sind. Diese Ursprünge geraten im hektischen Alltag jedoch zunehmend in den Hintergrund. Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen verstehen wir Feiertage daher als Teil einer zukunftsfähigen Zeitkultur: einer Kultur, die Lebensqualität, Sinn und Zusammenhalt stärkt und die Bedeutung des Gemeinwohls über reine ökonomische Verwertungslogiken stellt. Feiertage sind ein Stück gesellschaftlicher Nachhaltigkeit – sie erinnern uns daran, dass Fortschritt nur gelingt, wenn wir auch Zeit finden, über unser Zusammenleben nachzudenken.

Wir wollen Feiertage deshalb bewusst als kulturelle und politische Lern- und Begegnungstage gestalten, die an ihre historischen und sozialen Ursprünge anknüpfen. So kann der Tag der Arbeit wieder stärker auf die Rechte von Beschäftigten und faire Arbeitsbedingungen aufmerksam machen oder der Tag der Deutschen Einheit auf Zusammenhalt in Vielfalt. Wenn Feiertage inhaltlich mit Leben gefüllt werden – etwa durch Bildungsinitiativen, Kulturveranstaltungen, Gedenkformate oder lokale Demokratieprojekte – tragen sie wesentlich zu einem reflektierten, solidarischen Miteinander bei.

Damit setzen wir einen bewussten Gegenakzent zur reinen ökonomischen Sichtweise: Feiertage sollen nicht in erster Linie kompensiert, sondern verstanden, gestaltet und wertgeschätzt werden. Sie sind eine Chance, gesellschaftlichen Sinn und Zusammenhalt zu fördern – und damit langfristig wertvoller, als jeder nachgeholte Arbeitstag es sein könnte.

Mit der Einführung des 8. März als Feiertag und der inhaltlichen Aufwertung bestehender Feiertage bekennen wir uns zu einem Verständnis von Zeit, das mehr bedeutet als Arbeit und Leistung. Wir machen deutlich: Niedersachsen steht für Gleichstellung, Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt – und Feiertage sind Ausdruck genau dieser Werte.

LDK Beschluss LDK Wolfsburg 08./09.November 2025