Das Wattenmeer ist das größte zusammenhängende Gezeitengebiet der Welt. Es ist Lebensraum für über 10.000 Arten, Rastplatz für Millionen Zugvögel und essenziell für den Küstenschutz. Seit 2009 ist es UNESCO-Weltnaturerbe – ein Status, der an strenge Schutzauflagen gebunden ist.
Trotzdem soll hier nun ein fossiles Großprojekt starten: 35 Jahre lang will die Firma ONE-Dyas ein Gasfeld zwischen Deutschland und den Niederlanden ausbeuten. Der Bohrturm stünde auf niederländischem Gebiet, die Förderung würde aber auch in den deutschen Untergrund eingreifen.
Genehmigungen trotz Widerstand
Ökologen warnen vor Veränderungen der Sedimentströme, vor Bodenabsenkungen und vor Schäden an neu entdeckten Steinriffen, die Lebensraum für Hummer, Krebse und Korallen bieten. Zudem würde die Verbrennung des geförderten Gases bis zu 26 Millionen Tonnen CO₂ freisetzen – so viel wie ganz Rheinland-Pfalz in einem Jahr ausstößt. Angesichts dessen und des geringen Nutzens von nur etwa einem Prozent unseres Gasbedarfs sehen Fachbehörden wie der NLWKN und die Nationalparkverwaltung das Vorhaben als nicht genehmigungsfähig. Auch die UNESCO hat bereits signalisiert: Eine Gasförderung in diesem Gebiet könnte den Weltnaturerbe-Status kosten.
Trotz dieser Bedenken hat das Landesbergamt 2024 bereits eine Genehmigung für den deutschen Teil erteilt – gestützt auf ein veraltetes Bergrecht, das Umwelt- und Klimaschutz nur unzureichend berücksichtigt. Mehrere Klagen von Umweltverbänden, der Insel Borkum und Bürgerinitiativen haben bereits zu einem Baustopp für das Seekabel geführt.
Gegen diese Genehmigung haben Umweltverbände, die Insel Borkum und Bürgerinitiativen geklagt. Nun hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg im Eilverfahren entschieden, dass das Kabel trotzdem verlegt werden darf. Das Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg steht jedoch noch aus.
Ein Testfall für Klima- und Naturschutz
Das Problem ist weit größer als die Verlegung eines einzelnes Kabel. Hier wird mit einer Abfolge von Einzelgenehmigungen ein fossiles Großprojekt im Weltnaturerbe Realität – gegen die Empfehlungen von Fachbehörden, gegen wissenschaftliche Warnungen und gegen den Willen vieler Menschen in der Region. Das Risiko reicht von der Zerstörung von Riffen und Brutplätzen bis hin zu Bodenabsenkungen durch Gasentnahme. Jeder einzelne Schritt hinterlässt irreversible Spuren in einem Ökosystem, das unter internationalem Schutz steht.
Was jetzt passiert, ist ein Testfall für Klima- und Naturschutzpolitik in Deutschland. Wenn wir zulassen, dass ein UNESCO-Weltnaturerbe für ein überflüssiges fossiles Projekt aufgebohrt wird, sind internationale Schutzabkommen und Klimaziele nur noch leere Versprechen.
Es verstößt gegen die Klimaziele, das Pariser Abkommen und die im Koalitionsvertrag verankerte Zusage, keine neuen Öl- und Gasbohrungen in Nord- und Ostsee zuzulassen. Die Zukunft liegt im Ausbau von Wind- und Solarenergie – nicht im Rückfall in alte Abhängigkeiten.
Und was jetzt?
Die entscheidende politische Hürde für die gesamte Gasförderung ist das Unitaritätsabkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden. Wir Grünen Niedersachsen fordern, dass die Bundesregierung diese Vereinbarung nicht unterzeichnet. Ohne das Abkommen kann das Projekt nicht starten. Niedersachsen hat längst bewiesen, dass Energieversorgung ohne neue fossile Projekte funktioniert: Unser Strombedarf wird heute bilanziell zu 100 % aus erneuerbaren Energien gedeckt.
Auch du kannst etwas tun: Komm am Freitag, den 05.09.2025, um 12 Uhr zur Demonstration am Margarethe-Giese-Platz (Inselbahnhof) auf Borkum und zeig, dass dir das Wattenmeer nicht egal ist. Gemeinsam mit Fridays for Future, der Deutschen Umwelthilfe, Inselbewohner*innen und vielen Engagierten setzen wir uns dafür ein, dass das Wattenmeer auch für kommende Generationen geschützt bleibt.