Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen übernehmen das von der
Landesarbeitsgemeinschaft Sport am 24.10.2024 beschlossene Positionspapier
„Strategie zur Bekämpfung des Rechtsextremismus im (Vereins-)Sport“:
Der Rechtsextremismus versucht mit seiner menschenverachtenden Ideologie in die
Breite der Gesellschaft vorzudringen und verzeichnet nicht nur ausweislich der
Zustimmung zur AfD dabei inzwischen beträchtliche Erfolge. Dabei versuchen die
Rechtsextremen zumindest in der alten Bundesrepublik weitgehend auf eine
gewaltvolle Raumnahme und Einschüchterung zu verzichten. Vielmehr verfolgen sie
eine Strategie des „Wolfs im Schafspelz“ und dringen so zunächst in Vereine vor
oder nutzen bestehendes Engagement, um ihre Ideologiefragmente einzuspeisen.
Der Vereinssport ist immer schon ein Querschnitt der Gesellschaft gewesen und
soll es auch bleiben. Vereine fördern die Gemeinschaft, bilden Vielfalt ab und
funktionieren primär durch sehr starkes ehrenamtliches Engagement. Um einen
Querschnitt der Gesellschaft darstellen zu können, ist und bleibt es wichtig,
unterschiedliche, auch widerstreitende Meinungen in Vereinen abzubilden,
auszuhalten und zu diskutieren. Das heißt aber auch, die Grenzen zu definieren
und zu verteidigen, wo ein Meinungsbeitrag oder Grundeinstellungen in
menschenverachtende, antisemitische, queerfeindliche und vor allem
verfassungsfeindliche Positionen abdriften. Diese können und dürfen auch in
unseren Sportvereinen keinen Platz haben! Kein Platz für Rassismus braucht nicht
nur das Bekenntnis, sondern muss auch aktiv gelebt werden. Die Neue Rechte
versucht aber eben jene rassistischen, menschenfeindlichen, chauvinistischen
Ideologiefragmente langsam zu normalisieren. Dabei verhilft es den Akteurinnen zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz, wenn sie nicht nur von der sprichwörtlichen Außenlinie in das Geschehen einzugreifen versuchen, sondern wenn sie dabei mit auf dem Platz stehen. Die Neue Rechte als („intellektueller“) Versuch, den Rechtsextremismus zu modernisieren, tritt dabei längst nicht mehr so brachial auf, wie die Bomberjacken- und Springerstiefel-Neonazi der Neunziger Jahre, sondern er gibt sich bürgerlich, engagiert, mitfühlend, kümmernd, bedacht. Durch sportliches wie ehrenamtliches Engagement in den Vereinen versuchen Akteurinnen der Neuen
Rechten als die Guten, die Engagierten und die Helfen gesehen zu werden. Dabei
muss klar sein: Egal wie viel Engagement eine Person bringt, es macht kein
menschverachtendes Weltbild gut! Bei allen Herausforderungen, vor denen der
Sport und die Sportvereine stehen, Ehrenamt, FSJ, Altersstruktur usw., dürfen
wir es dennoch nicht zulassen, dass radikal Rechte, menschenfeindliche
Positionen über den Vereinssports normalisiert werden können.
Mahnen kann uns hier die Geschichte: Die von der Diskriminierung, Ausgrenzung
und tödlichen Verfolgung von Jüdinnen und Juden im Sport, die Stadien der DDR
als jene Orte, an denen schon in den 80er Jahren Hitlergruß und Sieg Heil rufe
aufkamen, rechter Kampfsport, der für den Tag X vorbereitet. Der Vereinssport
darf kein Katalysator der Rechten werden, im Gegenteil. Vereinssport ist
schließlich eine wichtige Schule der Demokratie: Sport sei, so der
österreichische Journalist Wolfgang Weisgram, der kleine Bruder der Demokratie.
„Ein jüngerer, etwas verschrobener, jedenfalls verspielter und zuweilen
ordentlich über die Stränge schlagender Bruder.“ Aber, „beide spielen nach
denselben Regeln.“ Die Vermittlung von Fairness und Respekt, Teamplay und
Rücksichtnahme, aber auch Wettbewerb, der Kampf um Millimeter, Sekunden, die
größere Zahl auf der Anzeigentafel & nicht zuletzt die Sozialisation im Verein
und in Verbänden. Mitbestimmung, formell, informell. Keine Macht den Drogen,
Nazis raus aus den Stadien, pro Anti-Rassismus. (Vereins-)Sport ist Schule, ist
Partner im Kampf um eine wehrhafte Demokratie! Wir müssen uns radikal rechten
Ideologie entschlossen entgegenstellen, die demokratischen Brandmauern
verteidigen und unsere Vereine schon jetzt vor einer potenziellen Übernahme
schützen!
Und weil der Kampf gegen rechte Vereinnahmung nicht allein einer der wehrhaften
Einstellung ist, sondern auch ein ganz praktischer sein kann, gilt es die
Instrumente klar zu haben. Das schärfste Schwert eines jeden Vereins ist dessen
Satzung. Und an genau dieser muss angesetzt werden. Viele Vereine führen schon
jetzt in ihrer Satzung einen Paragraphen in welchem sie sich offiziell als
überkonfessionell und/oder unpolitisch bzw. neutral positionieren. Dabei: Anders
als bei Fragen des Glaubens kann und darf es keine Neutralität gegenüber unserem
Grundgesetz geben, keine Neutralität gegenüber den Feinden unserer Verfassung.
So richtig es ist, sich als Sportverein parteipolitisch neutral aufzustellen, so
falsch wäre es, bei der Frage nach der Wehrhaftigkeit der Demokratie an der
Seitenlinie zu stehen. Hier gehören, ohne die Vereine politisieren zu wollen,
die Sportverein mitten auf den Platz, auf die Matte, in die Halle, ins
Vereinsheim und in den Mannschaftsbus.
Mit diesem Selbstverständnis, das wir als grüne LAG gern unterstützen wollen,
schützen sich die Vereine davor, von Rechtsaußen missbraucht zu werden. Dazu ist
eine Satzungsänderung, welche rassistische und weitere menschenfeindliche
Positionen ausschließt, nicht nur ein gut gangbarer Weg, sondern mutmaßlich ein
zwingend notwendiger! Denn über solche Satzungen können alle Vereinsmitglieder
ein gutes Rüstzeug und Rückenwind für Debatten bekommen und Menschen, welche
durch menschenverachtende Positionen auffallen, in letzter Konsequenz auch aus
dem Verein ausgeschlossen werden. Denn ein Verein sollte immer ein Ort für alle
sein. Niemand darf aufgrund seiner Konfession, Herkunft, Sexualität o.ä.
ausgeschlossen werden.
Selbstwirksamkeit, Demokratie lernen, Respekt und Resilienz, Integration und
Diversität sind und bleiben selbstverständlicher Teil des Breiten- &
Spitzensports.
Ein Beispiel für eine solche Satzungsergänzung findet ihr hier: Der Verein
verhält sich parteipolitisch und konfessionell neutral und steht zur
freiheitlich demokratischen Grundordnung. Er bekennt sich zu den Grundsätzen der
Menschenrechte. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen
Bestrebungen, sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden
Verhaltensweisen, insbesondere aufgrund der Nationalität, Abstammung, ethnischer
Zugehörigkeit, Religion, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität
oder einer Behinderung aktiv entgegen.
Verantwortung tragen muss aber auch das Umfeld der Vereine. Schließlich sind
Vereine immer auch Teil einer gesamten Öffentlichkeit und natürlich auch
vielfältig eng mit der Öffentlichkeit verwoben und mit Fördermittelgebenden und
Unterstützungsnetzwerken verbunden und natürlich auch professionell organisiert.
Seitens der Politik, des Landessportbundes, Sponsorennetzwerken etc. kommt auch
diesen der Auftrag zu, in den Vereinen wortwörtlich nach den Rechten zu sehen,
um so ausschließen zu können, dass rechtsextreme Netzwerke aus ihren Mitteln zu
finanziert werden. Diese klare Haltung dann auch so öffentlich zu kommunizieren,
ist dabei von großer Bedeutung. Dabei bleibt die beschriebene Problematik, dass
eine solche Einmischung rechtsextremer Akteur*innen oft recht unauffällig
passiert. Deshalb ist eine Überprüfung und Ablehnung von privaten
demokratiefeindlichen Sponsorengeldern dringend erforderlich, umso eine dadurch
entstehende Abhängigkeit zu unterbinden. Eine Information an den Landessportbund
durch den Vereinsvorstand kann dazu beitragen auch andere Vereine vor möglicher
rechter Einflussnahme zu schützen. Die Positionierung des Landessportbundes
Niedersachsen zum „Umgang mit antidemokratischen, populistischen und
extremistischen Parteien, Gruppierungen, und Akteurinnen und Akteuren“ vom
21.02.2024