Derzeit wird über die Sammlung und Nutzung von Handy-Daten diskutiert, mit deren Hilfe Kontaktpersonen von Infizierten benachrichtigt werden können.
Wie bei allen Maßnahmen muss auch hier genau die Verhältnismäßigkeit beleuchtet werden, mögliche Nutzen und Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden. Es gilt, Lösungen zu entwickeln, die nicht unverhältnismäßig in Grund- und Freiheitsrechte eingreifen, die datenschutzsensibel und datensparsam sind, tatsächlich umsetzbar sind und die einen wirksamen Nutzen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus haben.
Eine App, mit der Nutzer*innen ihre Kontakte ausschließlich lokal auf ihren Geräten speichern und im Fall einer Infektion die so erfassten und anonymisierten Kontaktpersonen informiert werden können, ist aber sinnvoll, besonders für die Zeit, in der Kontaktbeschränkungen wieder gelockert werden.
Mit einer solchen Lösung können die Nachvollziehbarkeit und die Benachrichtigung von Kontaktpersonen verbessert werden, insbesondere für Situationen, in denen man nicht alle Kontaktpersonen persönlich kennt (z.B. Mitfahrende in einem vollen Bus). Häufig wird auf das Vorbild Singapur verwiesen. Um Bürgerrechte und Datenschutz zu wahren, sind jedoch an dieser Variante Anpassungen nötig (keine Weitergabe an Behörden, durchgängige Anonymität durch wechselnde Identifikationsnummern). Infizierte könnten von einer Gesundheitsinstitution einen einmaligen Code bekommen, mit dem sie wiederum freiwillig die Information an die anonym gespeicherten Kontakte weitergeben kann.
Zudem muss klar sein, dass eine App nur ergänzend zu weiteren Maßnahmen gelten kann. Wichtig bleibt weiterhin, Testkapazitäten für akute Infektionen sowie für Antikörpernachweise deutlich zu steigern und intensiv den Anstieg der Immunität zu messen, als Voraussetzung für die Lockerung von Maßnahmen.
Bei der Entwicklung der App muss sorgfältiger Datenschutz vor Schnelligkeit gehen.
Eine solche App muss folgendes gewährleisten:
- Absolute Freiwilligkeit der Installation und Nutzung und der daraus resultierenden Option, sich bei einem bestätigten Kontakt während der Inkubationszeit testen zu lassen
- Rein lokale Speicherung von Daten zu Kontakten, die über Bluetooth ermittelt werden
- Die lokal gespeicherten Daten müssen einer zeitlichen Beschränkung und einer Zweckbestimmung unterliegen, ein Abgreifen der Daten durch andere Anwendungen muss ausgeschlossen werden
- Die Kontaktdaten müssen über regelmäßig wechselnde Codes anonymisiert werden, damit die Zuordnung zu Personen sowie das Erstellen auch von anonymisierten Bewegungsprofilen ausgeschlossen wird
- Staatliche Stellen, insbesondere Sicherheitsbehörden, sowie Wirtschaftsunternehmen dürfen keinen Zugriff auf die Daten haben
- Für einen tatsächlichen Nutzen muss die Test-Kapazität deutlich ausgeweitet werden
- Missbrauch muss ausgeschlossen werden.
- Die App muss von einer sicheren staatlichen Webseite heruntergeladen werden können
Begleitet werden muss die App von einer Aufklärungskampagne zur Freiwilligkeit und Funktionsweise der App. So soll Ängsten wirksam begegnet werden. Auch über die Grenzen einer App muss aufgeklärt werden (sie ersetzt z.B. keine Hygieneregeln, nicht alle Bürger*innen möchten oder können mitmachen und es können Fehlmeldungen vorkommen, z.B. wenn der Kontakt durch eine Glasscheibe getrennt war).