„Wir können die Welt nicht retten, indem wir uns an die Spielregeln halten. Die Regeln müssen sich ändern“ (Greta Thunberg). Die Klimakrise gefährdet unsere Lebensgrundlagen massiv. Um zukünftiges Leben auf der Erde zu sichern, müssen wir uns als demokratische Gesellschaft neue Regeln geben. Denn nur so können wir die von 197 Staaten in Paris beschlossenen Klimaziele erreichen, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen.
Dies erfordert eine vollständige Dekarbonisierung unseres Lebens – also das Ende der Ära von Kohle, Öl und Gas als Basis unserer Wirtschaft. Die Energie für Strom, Wärme und Mobilität muss zukünftig vollständig regenerativ erzeugt werden. Die Transformation unserer Gesellschaft in ein post-fossiles Zeitalter muss schnell gelingen und den Verkehrssektor und die Landwirtschaft einschließen.
Um das zu erreichen brauchen wir einen Klimavorbehalt für alle politischen und administrativen Maßnahmen des Bundes und des Landes – analog dem Haushaltsvorbehalt: Alle neuen Gesetze, Verordnungen, Beschaffungen, Steuern, Fördermittel etc. müssen auf ihre Klimaauswirkungen geprüft und bewertet werden. Eine solche Klimakrisenbremse orientiert sich an den wissenschaftlichen Erkenntnissen und verschafft dem Ziel Klimaschutz in der Landesverfassung Wirkung. Darüber hinaus haben wir im Sommer ein Klimaschutzsofortprogramm für Niedersachsen vorgelegt. Es beinhaltet ein 10-Punkte-Programm mit Maßnahmen, die die Landesregierung sofort angehen kann und umsetzen muss.
Doch für grundlegende Veränderungen bringen die Regierungsparteien im Bund und im Land weder den Willen noch die Kraft auf. Das zeigen die völlig unzureichenden und zugleich sozial ungerechten Vorschläge der Bundesregierung zur Klimapolitik: Sie sind doppelt fatal, weil sie weder die Pariser Klimaschutzziele erreichen, noch sozial gerecht sind. Stattdessen belasten die Maßnahmen der Bundesregierung Menschen mit geringerem Einkommen überproportional.
Das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Klimaziele. Wer so die Augen vor der Realität verschließt, handelt verantwortungslos. Je länger wir die notwendigen Veränderungen weiter vor uns herschieben, umso einschneidender werden die Maßnahmen am Ende sein müssen.
Die notwendigen ökologischen Fortschritte können nur gelingen, wenn sie sozial gerecht sind und den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken. Es ist Aufgabe der Politik, die Regeln, Anreize und Steuern so zu verändern, dass wir die Klimaschutzziele erreichen und für mehr Gerechtigkeit sorgen: im Land, weltweit und zwischen den Generationen. Wir brauchen eine Politik, die dafür sorgt, dass die Ängste vor der Klimakrise und vor wirtschaftlichem und sozialem Abstieg nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Die Klimakrise ist eine dreifache Gerechtigkeitskrise
Der Klimawandel ist von Menschen verursacht und seine Folgen treffen Menschen. Damit ist er eine zentrale Gerechtigkeitsfrage und das in dreifacher Hinsicht: global, national und mit Blick auf die Zukunft junger Menschen und künftiger Generationen:
- „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ – Mit ihrem Namen und ihrem Protest fordert die Fridays-for-Future-Bewegung ihr Recht auf Zukunft deutlich ein. Die drohende Klimakatastrophe raubt die Lebenschancen zukünftiger Generationen.
- Schon heute zerstören die Folgen der Erderhitzung die Existenzgrundlagen von Menschen insbesondere im globalen Süden. Das ist besonders ungerecht, weil diese Menschen selbst am wenigsten dazu beigetragen und wirtschaftlich am wenigsten vom Ressourcenverbrauch profitiert haben. Der Klimawandel ist global gesehen ein Angriff auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die Freiheit von Millionen Menschen.. Auch deshalb stehen wir als westliche Gesellschaft besonders in der Verantwortung, so schnell wie möglich klimaneutral zu werden.
- Auch bei uns sind die Folgen und Bekämpfung der Klimakrise fundamental soziale Fragen. Die Umweltkosten der durch Treibhausgase verursachten Klimaveränderung werden bisher über die Gemeinschaft und nicht durch die Verursacher*innen getragen. Wir müssen die Regeln so ändern, dass zukünftig die Kosten nicht vor allem zu Lasten von Menschen mit geringerem Einkommen gehen. Obwohl sie mit kleineren Wohnungen, geringerem Konsum und weniger klimaschädlicher Mobilität unterdurchschnittlich zum Ausstoß von Klimagasen beitragen, sind Menschen mit geringerem Einkommen schon heute von den Folgen der Erderhitzung besonders betroffen. Sie sind es, die in schlecht gedämmten Stadtwohnungen unter der Hitze im Sommer leiden. Sie sind es, die im Sommer im Tiefbau selbst bei größter Hitze den Asphalt auftragen oder Pakete ausliefern und ihre Gesundheit aus ökonomischen Gründen gefährden müssen. Menschen mit geringerem Einkommen treffen Kostensteigerungen für Energie oder Gebäudeversicherungen aufgrund der Zunahme von Stürmen und Hochwasserereignissen besonders hart. Steigen die Preise für Strom und Heizen, trifft auch das bislang diejenigen härter, deren Anteil der Energiekosten am Haushaltseinkommen höher ist.
Klimaschutz und Gerechtigkeit Hand in Hand
Wir müssen die Folgen der Klimakrise für Betroffene mindern. Wir wollen das saisonbedingte Kurzarbeitergeld erweitern, das ursprünglich für die Winterabsicherung des Baugewerbes geschaffen wurde. Es soll auch hitzebedingte Arbeitsausfälle von Arbeitnehmer*innen absichern. Vor allem aber wollen wir erreichen, dass Maßnahmen gegen die Klimakrise die soziale Spaltung nicht verstärken, sondern zu einer Minderung sozialer Ungleichheiten beitragen.
Ein Energiegeld für alle: Rückverteilung der Einnahmen aus dem CO2-Preis
Wir wollen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung vollständig an die Bürger*innen zurückzahlen. Von einem Energiegeld in gleicher Höhe für alle profitieren Menschen mit niedrigem Einkommen überdurchschnittlich, weil sie in der Regel weniger CO2 emittieren. Das Energiegeld darf nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden. Steigende Energiekosten belasten die Empfänger*innen von Hartz IV-Leistungen in einem besonderen Maß. Das ist eine weitere Ungerechtigkeit des Hartz IV-Systems und ein weiterer Grund, dieses System durch ein gerechteres zu ersetzen. Darüber hinaus wollen wir für alle die Stromsteuer absenken. Diese bildet zudem einen Anreiz zur Sektorenkopplung, weil Strom gegenüber anderen Energieträgern nicht mehr benachteiligt würde. Ein vernünftiger CO2-Preis kann somit Lenkungswirkung für die Reduktion von Treibhausgasen entfalten und emissionsarme Technik günstiger machen.
Für die soziale Wärmewende sorgen
Nur wer sich Neukauf und Renovierung problemlos leisten kann, profitiert von den Förderprogrammen der Bundesregierung für Heizungsaustausch. Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen wohnen in schlecht sanierten Altbauten und zahlen hohe Mietnebenkosten für Öl und Gas. Durch den Umstieg auf erneuerbare Wärme und energetische Gebäudesanierung sinken jedoch die hohen Heizkosten deutlich. Daher wollen wir durch gezielte Förderung die soziale Wärmewende zu einem Gerechtigkeitsmodell für einkommensschwache Haushalte machen. Nur ein Prozent der Gebäude in Deutschland werden zurzeit energetisch saniert. Um die Klimaziele von Paris einzuhalten müssten es vier bis fünfmal so viel sein. Ein wesentlicher Grund für die stockende Sanierungsrate von besonders energieintensiven Altbauten ist das ‚Mieter-Vermieter-Dilemma‘. Es besagt, dass energetisches Modernisieren für keine der Parteien einen Nutzen darstellt. Vermieter*innen haben keinen Anreiz für mehr Klimaschutz, da sie die hohen Heizkosten sowieso umlegen können. Einkommensschwache Mieter*innen können durch eine zu hohe Modernisierungsumlage letztendlich sogar aus ihren Wohnungen verdrängt werden.
Für die soziale Wärmewende brauchen wir daher eine gerechte Kostenverteilung zwischen Vermieter*innen, Mieter*innen, sowie der öffentlichen Hand. Dazu bedarf es eines Instrumentenmixes: Für mehr Klimaschutz bei Mietwohnungen muss die Förderung so angepasst werden, dass es sich lohnt die Häuser klimaneutral zu sanieren. In unserem Modell verbleibt die staatliche Förderung komplett bei den Vermieter*innen. Dafür sinkt aber die Modernisierungsumlage, welche auf die Miete aufgeschlagen werden kann. Härtefälle müssen staatlich aufgefangen werden. Mieter*innen profitieren so von besser sanierten Wohnungen und deutlich sinkenden Nebenkosten durch erneuerbare Wärme. Die Vermieter*innen bekommen einen Anreiz für mehr Klimaschutz und Wertsteigerung ihrer Gebäude, ohne die Mieter*innen zu belasten. Wir können durch eine erhöhte Sanierungsrate gerade von Altbauten die Klimaziele erreichen. Gleichzeitig gewinnen durch dieses Klimaschutzkonjunkturprogramm Mittelstand und Handwerk.Mit diesem Dreiklang der sozialen Wärmewende werden Mieter*innen geschützt, Vermieter*innen erhalten einen echten Anreiz für energetische Modernisierung, und das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes wird erreicht. So machen wir die dringend notwendige Wärmewende sozial gerecht.
Mobilitätskosten fair verteilen!
Wir brauchen eine Pendlerpauschale, von der diejenigen stärker profitieren, bei denen die Mobilitätskosten einen höheren Anteil am Einkommen ausmachen. Viele brauchen für den Weg zur Arbeit ihren PKW, weil es gerade in ländlichen Räumen kaum Alternativen gibt. Die Qualität des öffentlichen Nahverkehrs muss zügig ausgebaut werden; es muss sich auch finanziell lohnen, eine Alternative zum PKW zu nutzen. Weniger Autoverkehr und Tempo 30 sind gut fürs Klima und steigern die Lebensqualität gerade dort, wo vor allem einkommensschwache Bevölkerungsgruppen an den Hauptverkehrsstraßen wohnen.
Verbunden mit der Forderung, ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zuzulassen, fordern wir die Abschaffung der Kaufprämie für Plug-In Hybride. Kaufpreisprämien für Elektroautos müssen in niedrigeren Preissegmenten höher sein als in teureren Preissegmenten. Wir stehen für eine Kaufprämie für E-Bikes, Pedelecs und Lastenräder und wollen den Ausbau von Car- und Bikesharing Infrastruktur finanziell fördern.
Gerechtigkeit durch Ordnungsrecht
Gesellschaftliche und ökologische Fortschritte wurden auch in der Vergangenheit nicht zuletzt durch Ordnungsrecht erzielt: Das Ozonloch kann sich nur wieder schließen, weil FCKWs in Kühlschränken oder als Treibmittel in Spraydosen 1991 verboten wurden. Die toxische Bleibelastung der Menschen konnte nur durch ein Verbot des Beimischens von Blei zum Benzin deutlich reduziert werden. Die Beispiele zeigen: am wirksamsten sind diese Maßnahmen, wenn sie Standards für die Produktion setzen und nicht auf individuelle Verantwortung der Konsument*innen appellieren. Ordnungsrecht und Innovation sind häufig zwei Seiten derselben Medaille. Klimaschutz ausschließlich über Preise vorantreiben zu wollen, würde scheitern. Und es wäre auch nicht gerecht, weil dann diejenigen sich weiterhin klimaschädlich verhalten können, die es sich leisten können. Deshalb müssen Produkte oder Produktionsweisen, die durch ihren zu hohen Ressourcenverbrauch die Zukunft von uns allen gefährden und für die es ohne größere Einschränkungen umsetzbare Alternativen gibt, vom Markt genommen werden.Deshalb dürfen z.B. ab 2021 keine neuen Ölheizungen mehr eingebaut und ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden. Außerdem brauchen wir ein Tempolimit.
Damit alle profitieren: Solarenergie von jedem Dach
Für alle geeigneten Dächer müssen Solaranlagen Standard werden nicht nur im Neubau – landeseigene Gebäude müssen bis 2025, alle anderen bis 2030 nachgerüstet werden. Das sorgt auch dafür, dass mehr Menschen als bislang von der Solarenergienutzung profitieren können. Wenn Eigentümer*innen in den Bau einer Anlage nicht investieren wollen oder können, sollen Sie über Contracting-Modelle profitieren. Bislang fehlt es dafür aber an den passenden Rahmenbedingungen. Das Mieterstromgesetz des Bundes muss überarbeitet werden, damit auch Mieter*innen zukünftig Vorteile durch sinkende Stromkosten haben. Auf diesem Weg erreichen wir, dass sich künftig alle als Gewinner der Energiewende fühlen können. Dazu trägt auch ein kostenloser Klima-Service für Eigentümer*innen von Ein- und Zweifamilienhäusern bei. In einem Klima-Fahrplan werden Schritte vorgeschlagen, mit denen das Haus zum Niedrig-Energie-Gebäude mit erneuerbarer Wärme werden kann.
Nachhaltige Wertschöpfung für alle sichern – mit Innovation, Forschung und einem Recht auf Weiterqualifizierung
Für nachhaltige Wertschöpfung in Niedersachsen braucht es vor allem Forschung, Innovationen und eine Qualifizierungsoffensive. Klimaschutz ist schon heute ein wichtiger Jobmotor und er kann es auch in Zukunft bleiben. Deswegen müssen die Mittel für Forschung, Wissenschaft und Bildung erhöht werden.
Bislang vergeben Bundes- und Landesregierung die große Chance, den Industrie- und Technologiestandort Deutschland zu stärken und sich auf den wachsenden Klimaschutzmärkten zu positionieren. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, durch die energetische Gebäudesanierung, durch neue Energiedienstleitungen und innovative klimafreundliche Technologien sind bereits hunderttausende neue Arbeitsplätze entstanden – diese brauchen sichere Perspektiven, weitere Investitionen und Ausbaumöglichkeiten. Andererseits werden durch eine ökonomische Transformation auch bisher bestehende Wirtschaftszweige und Arbeitsplätze verloren gehen. Diese Bereiche sind frühzeitig zu identifizieren. Absehbar betroffenen Arbeitnehmer*innen müssen frühzeitig kostenfreie Weiterbildungsmöglichkeiten geboten werden. In einer sich zunehmend schneller wandelnden Arbeitswelt, auch aufgrund der Digitalisierung, müssen wir Fort- und Weiterbildung deutlich ausbauen. Wir wollen ein Recht auf Weiterbildung einführen, die Beratung vor Ort verbessern und vernetzen, eine sozial gerechte Weiterbildungsförderung schaffen, die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln und besonders betroffene Branchen zielgenau unterstützen.
Von industriepolitischen Umbrüchen besonders betroffene Regionen müssen mit gezielten und nachhaltigen Struktur- und Investitionshilfen in ihrem Übergang unterstützt werden.
Bislang vergeben Bundes- und Landesregierung die große Chance, den Industrie- und Technologiestandort Deutschland zu stärken und sich auf den wachsenden Klimaschutzmärkten zu positionieren. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, durch die energetische Gebäudesanierung, durch neue Energiedienstleitungen und innovative klimafreundliche Technologien sind bereits hunderttausende neue Arbeitsplätze entstanden – diese brauchen sichere Perspektiven, weitere Investitionen und Ausbaumöglichkeiten. Andererseits werden durch eine ökonomische Transformation auch bisher bestehende Wirtschaftszweige und Arbeitsplätze verloren gehen. Diese Bereiche sind frühzeitig zu identifizieren. Absehbar betroffenen Arbeitnehmer*innen müssen frühzeitig kostenfreie Weiterbildungsmöglichkeiten geboten werden. In einer sich zunehmend schneller wandelnden Arbeitswelt, auch aufgrund der Digitalisierung, müssen wir Fort- und Weiterbildung deutlich ausbauen. Wir wollen ein Recht auf Weiterbildung einführen, die Beratung vor Ort verbessern und vernetzen, eine sozial gerechte Weiterbildungsförderung schaffen, die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln und besonders betroffene Branchen zielgenau unterstützen.
Von industriepolitischen Umbrüchen besonders betroffene Regionen müssen mit gezielten und nachhaltigen Struktur- und Investitionshilfen in ihrem Übergang unterstützt werden.
Klimaschutz für Wertschöpfung und Wohlstand nutzen
Die notwendige sozial-ökologische und ökonomische Transformation bringt neue Chancen für Arbeit und Wertschöpfung. Weil Investitionen gerade in Gebäude und Industrieanlagen eine lange Lebensdauer haben, braucht es klare Förderprogramme und Rahmenbedingungen, damit Fehlinvestitionen vermieden werden. Wir wollen bundesweit modellhaft Investitionen in CO2-freie Industrieprozesse fördern, auch wenn sie sich aufgrund der niedrigen CO2-Kosten bislang kurzfristig betriebswirtschaftlich noch nicht rechnen. Ziel der Förderung muss es sein, die Differenz zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten zu erstatten, die durch die Investitionen in neue Verfahren und Technologien entstehen.
Klimaschutz gerecht finanzieren!
Strukturhilfen, Qualifizierungsoffensive, die Unterstützung energetischer Modernisierung, der Umbau der Industrie erfordern finanzielle Ressourcen. Ein gerechter Klimaschutz kommt nicht ohne massive Investitionen des Staates und steuerliche Anreize für Investitionen im privaten Sektor und zusätzliche Fördermöglichkeiten aus. Noch immer gibt es jährlich fast 60 Milliarden Euro an ökologisch schädlichen Subventionen. Diese müssen schnellstens abgebaut und konsequent in notwendige Klimaschutzinvestitionen umgeleitet werden. Aber auch darüber hinaus ist umsteuern notwendig.
Eine gerechte ökologische Steuerpolitik
Unser Gemeinwesen braucht eine kluge Steuerpolitik. Dass in Deutschland seit 2005 – abgesehen von der sozial ungerechten Mehrwertsteuererhöhung – keine gestaltende Steuerpolitik mehr gemacht wird, ist fatal. Es muss sich lohnen, in klimafreundliche Technik und Energie- oder CO2-Einspar-Maßnahmen zu investieren. Die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Bahnfahrten kann nur ein erster Schritt sein. Notwendig ist neben einer auf CO2-Reduktion ausgerichteten Energiesteuer eine umfassende ökologische und sozial gerechte Steuerpolitik, die umweltschädliche Produktion stärker besteuert und den Faktor Arbeit entlastet.
Um Kosten und Lasten sozial gerecht zu verteilen, ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und eine einheitliche Grundbesteuerung internationaler Konzerne auf EU-Ebene genauso dringend erforderlich, wie große Vermögen und hohe Erbschaften mit einer fairen Vermögens- und Erbschaftssteuer an den notwendigen Investitionen zu beteiligen: für Klimaschutzmaßnahmen, sozialen Ausgleich und die Chancen künftiger Generationen.
Klimakrise bremsen: Grüne Null statt Schwarzer Null!
Darüber hinaus fordern wir, das gegen jede ökologische und ökonomische Vernunft verteidigte Dogma der schwarzen Null aufzugeben. Statt die nicht rückzahlbaren ökologischen Schulden durch die Verweigerung notwendiger Klimaschutzinvestitionen des Staates immer weiter in die Höhe zu treiben, wollen wir die schwarze Null durch eine grüne Null ersetzen: Es ist fatal, künftige Generationen damit zu belasten, heute auf notwendige Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur zu verzichten, nur weil sie die aktuellen Einnahmen des Staates übersteigen. Die bisherige Schuldenbremse erweist sich so zunehmend als Zukunftsbremse. Stattdessen müssen wir die Niedrigzinsphase für einen staatlichen Zukunftsfonds nutzen, aus dem wir die Investitionen in die ökologische Modernisierung des Landes in den nächsten Jahren finanzieren.
Wir brauchen einen Klimainnovationsfonds!
Um unsere Vorhaben umzusetzen, wollen wir einen landeseigenen Klimainnovationsfonds, zunächst in Höhe von einer Milliarde Euro einrichten Der Fonds muss je nach Mittelabfluss wieder aufgefüllt werden. Aus diesem Fonds können unter anderem Energiesparmaßnahmen, Speichertechnologien, Projekte für klimagerechte Mobilität und emissionsfreie Wärme, Power-to-X-Anlagen, gezieltes Lastmanagement sowie die Erforschung und Anwendung von Methoden zur Dekarbonisierung von Industrie und Gewerbe gefördert werden.
Auch im Bund brauchen wir einen Fonds, der unter anderem aus Mehrerlösen durch die Einführung eines ETS-Mindestpreises gespeist wird. Aus diesem Fonds können wir Wohnungseigentümer*innen aller Einkommensklassen direkt beim Wechsel hin zu CO2-freien Technologien unterstützen. Damit erreichen die Fördermaßnahmen auch diejenigen, die aktuell den Eigenanteil nicht finanzieren können.
Mittel aus dem Klimainnovationsfonds sollen genutzt werden, damit die Kosten die Einspareffekte für Mieter*innen nicht übersteigen und die Investitionen für Eigentümer*innen sozialverträglich bleiben.
Ein Blick nach vorn
Die Klimakrise, der drastische Verlust an Artenvielfalt, die Erschöpfung von Rohstoffvorkommen machen deutlich: Die Entkopplung von Wertschöpfung von endlichen natürlichen Ressourcen ist eine Herausforderung der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Zugleich brauchen wir eine schrittweise Entkopplung unseres Wohlstands vom ökonomischen Wachstum. Zuwachs an Lebensqualität können wir nicht mehr nur am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bemessen, sondern Klimaschutz in die gesellschaftliche Wohlstandsmessung und -steuerung integrieren. So verändern wir die gesellschaftliche Wahrnehmung undPrioritätensetzung im Einklang mit den planetaren Grenzen im Sinne einer neuenWohlstandsdefinition.
Klimaschutz – radikal realistisch und sozial gerecht
Wirksamer Klimaschutz, Energiewende und Dekarbonisierung wird für Bürger*innen und für die Wirtschaft zu deutlichen Veränderungen führen. Diese Veränderungen müssen gerecht sein. Mit diesem Anspruch an Klimapolitik machen wir ein breites gesellschaftliches Angebot, gemeinsam für eine gute Zukunft zu arbeiten.
Dafür brauchen wir sowohl den Anreiz des Wettbewerbs unter fairen Rahmenbedingungen als auch den Ausgleich durch den Sozialstaat. Beide bedingen sich gegenseitig. Diese auszutarieren ist eine zentrale Herausforderung. Der stellen wir uns genauso engagiert, wie wir die notwendige Dekarbonisierung unseres Lebens und Wirtschaftens angehen. Wir wollen, wir müssen und wir werden die Teilhabe an der gesellschaftlichen Transformation verbreitern. Als einstmals führende Energiewende-Nation, die wir dank grüner Politik im Bund waren und wieder werden müssen, haben wir die Aufgabe, zu beweisen, dass Klimaschutz, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zusammengehen – ohne dabei auf Kosten anderer zu leben.
Unsere Aufgabe ist damit größer, als Klimaneutralität zu erreichen. Dafür braucht es Mut zu Veränderungen. Es wird sich lohnen, diesen Mut als Gesellschaft gemeinsam mit unseren europäischen Partnern aufzubringen. Gemeinsam mit Umweltverbänden und Wirtschaftsvertreter*innen, mit Gewerkschaften und Verbraucherschützer*innen, mit Sozialverbänden und Wissenschaftler*innen wollen wir die Regeln so ändern, dass eine klimagerechte und sozial gerechte Gesellschaft Realität wird.