Kohleverbrennung ist der Klimakiller Nummer 1. Diese Dinosauriertechnologie haben wir längst nicht mehr nötig. Sie blockiert den Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Daher setzen wir uns auch in Niedersachsen für einen schnellstmöglichen Kohleausstieg ein.
Unser grünes Szenario mit einer Versorgung durch 100% Erneuerbare Energien, auch in den Sektoren Wärme und Verkehr, können wir bis 2040 in Niedersachsen erreichen – wenn nun rasch mutige politische Maßnahmen beschlossen werden.
Die letzten Wochen haben gezeigt, dass wir Grüne dafür großen Rückhalt in der Bevölkerung haben: Eine Mehrheit von 75 Prozent der Menschen in Deutschland wollen einer Umfrage zufolge einen schrittweisen Kohleausstieg, 67 Prozent sogar bis 2025. Sie erwarten von den Parlamenten und Regierungen mehr konsequentes Handeln für Klimaschutz.
Eine wachsende Zahl insbesondere junger Menschen bringt ihre Meinung zusätzlich durch ihr Engagement in der Klimagerechtigkeitsbewegung zum Ausdruck. Sie organisieren und beteiligen sich an zahlreichen Aktionen – auch in Niedersachsen. Beispielsweise im September bei der Demo gegen das geplante Kohlekraftwerk in Stade, bei dezentralen Solidaritätsbekundungen zum Hambacher Wald oder mit Forderungen zum Divestment, also dem Abziehen von Geld aus umwelt- und klimaschädlichen Anlagen.
Mit ca. 50.000 Menschen war die Kundgebung am 6. Oktober 2018 am Hambacher Wald eine der größten Klimaschutz-Demos, die es in Europa jemals gab. Hier hat sich über Wochen gezeigt, wie gleichzeitig die Empörung über RWE und die Solidarität für die entschlossenen und friedlichen Aktivist*innen wuchs. Die Menschen haben genug von einem Politikstil, der sich wie die Schwarz-Gelbe Landesregierung in NRW zum Steigbügelhalter der Großkonzerne macht und jedes gesetzliche Schlupfloch sucht, um die fossile Vormachtstellung von Unternehmen wie RWE zu stützen.
Die aktuelle gesellschaftliche Debatte über die Zukunft der Braunkohle-Reviere im Rheinland und in der Lausitz darf uns nicht vergessen lassen, dass auch in Niedersachsen derzeit elf Steinkohlekraftwerksblöcke am Netz sind: in Wilhelmshaven, Uelzen, Hannover, Braunschweig, Mehrum (Landkreis Peine) und Wolfsburg. Damit sind 16 Prozent des in Niedersachsen produzierten Stroms aus Kohlekraft.
Einige der Kraftwerke produzieren neben Strom auch Wärme und speisen diese ins Fernwärmenetz der Städte Hannover, Wolfsburg und Braunschweig ein – ca. 200.000 Haushalte in Niedersachsen haben somit Kohleenergie in ihren Heizungen.
Niedersachsen ist also nicht nur Windenergieland Nummer 1, sondern leider auch weiterhin Kohle-Land.
Dazu kommt, dass der Chemiekonzern DOW in Stade ein neues Kohlekraftwerk bauen lassen will – vollkommen absurd, während eine Kohleausstiegs-Kommission in Berlin über den Ausstieg in Deutschland diskutiert.
Die Kraftwerksbetreiber in Braunschweig (BS Energy) und Wolfsburg (VW Kraftwerk GmbH) haben stattdessen bereits entschieden, von Kohle auf andere Energieträger umzustellen und zwar bis spätestens 2022.
Die heftige gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung um Kohleausstieg und Energiewende macht deutlich: Es geht in den kommenden Monaten um ganz entscheidende Weichenstellungen. Gelingt es uns, den Pfad der Erneuerbaren und des Energiesparens umso ambitionierter fortzusetzen und die fossilen Konkurrenten Schritt für Schritt aus dem Energiesystem zu verbannen? Oder verliert Deutschland endgültig den Anschluss an internationale Trends und Entwicklungen?
Auch arbeitsmarktpolitisch steht insbesondere für Niedersachsen verdammt viel auf dem Spiel: ca. 37.000 Menschen arbeiten in unserem Bundesland allein in der Windenergiebranche. Durch das Hinauszögern und Abbremsen der Energiewende durch die Große Koalition im Bund schwankt die Branche jedoch gefährlich. Nur durch einen zügigen Umstieg auf Erneuerbare können wir dauerhaft ökonomisch und ökologisch profitieren.
Wir fordern die Landesregierung auf,
- die Energiewende in Niedersachsen ambitioniert und zügig fortzusetzen und sich deswegen für rechtliche Rahmenbedingungen – auch auf Bundesebene für das verbindliche und endgültige Abschalten von Kohlekraftwerken einzusetzen.
- das vorliegende Klimagesetz mit verbindlichen Klimazielen für Niedersachsen zügig zu beschließen und umzusetzen.
- jeglichen Neubau von Kohlekraftwerken und insbesondere den geplanten Neubau in Stade wirksam zu verhindern.
- auf die Eigentümer EPH und Uniper einzuwirken, ihre fast 40 bzw. über 42 Jahre alten Kraftwerke in Mehrum (Landkreis Peine) und Wilhelmshaven sofort (spätestens bis Ende 2019) stillzulegen.
- insbesondere in der Küstenregion Investitionen in Wind-Wasserstoff-Technologien (Power-to-X) anzureizen und somit neue Arbeitsplätze zu schaffen – u.a. rund um Wilhelmshaven und Stade.
- eine umfassende Divestment-Strategie zu erarbeiten und dafür zu sorgen, schnellstmöglich sämtliche Geldanlagen des Landes Niedersachsen aus der Fossilwirtschaft abzuziehen und Investitionen der öffentlichen Hand im Sinne der Pariser Klimaziele in nachhaltige und verantwortungsbewusste Anlagen umzuwandeln, wie einige Kommunen es bereits beschlossen haben.
- sich für einen CO2-Mindestpreis im Rahmen des Emissionshandels und für eine CO2-Bepreisung auf Heizöl und Erdgas im Wärmesektor sowie beim Verkehr einzusetzen (vgl. LDK-Beschluss „Faire Preise für CO2-Emissionen, Investitionen in die Energiewende belohnen – für ein zukunftsfähiges und (kosten)gerechtes Energiesystem“ vom 4. Dezember 2016).
- insbesondere ihre Position im VW-Aufsichtsrat zu nutzen, um den Umstieg auf 100% Erneuerbare Energieversorgung in diesem Konzern zügig voranzutreiben. Der Ersatz-Neubau von fossilen Erdgas-Kraftwerken ist keine Alternative zum Erreichen der Klimaschutzziele!
- die Betreiber der Kohlekraftwerke in Braunschweig (BS Energy), Wolfsburg (VW) und Hannover (Enercity), die auch Energie fürs Wärmenetz produzieren, beim Umstieg auf 100% Erneuerbare zu unterstützen. Damit die Wärmenetze möglichst schnell klimafreundlich werden, brauchen wir einen Mix verschiedener dezentraler Erneuerbarer Techniken sowie industrieller/gewerblicher Abwärme. Dafür ist eine kommunale Wärmeplanung wichtig.
- sich für effektive Energieeinsparung im Gebäudebestand und für mehr Erneuerbare im Wärmesektor einzusetzen (vgl. LDK-Beschluss „Erfolgreiche Energiewende braucht eine Politik der Fairen Wärme“ vom 29. Mai 2016).
- einen Aktionsplan für die energetische Sanierung der eigenen Liegenschaften und die Umstellung der Energieversorgung auf 100% Erneuerbare Energien vorzulegen, um die Energiewende in den eigenen Liegenschaften zu beschleunigen und bis spätestens 2030 zu vollenden.
- wirksame Maßnahmen umzusetzen, damit Niedersachsen seinen Beitrag leistet, um den absoluten Endenergieverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2050 zu halbieren. Denn eine relative Energieeffizienzsteigerung allein reicht nicht aus.