Wir stehen auch in den Kommunen vor der Jahrtausendherausforderung eines
angemessenen Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel. Kommunen sind
als staatliche Ebene nah an den Menschen dran und in krisenhaften Zeiten sind
sie oft die erste Ebene, die vor Ort darauf achtet, dass niemand zurückgelassen
wird. Das haben wir in der Corona-Pandemie erlebt, in der Energiekrise, oder
wenn es um die Unterbringung und Integration von Geflüchteten ging. Unsere
Kommunen sind vor Ort die Krisenmanager:innen. Gleichzeitig laufen sie einem
jahrzehntealten Investitionstau hinterher.
Darüber hinaus macht sich unsere aktuell angespannte wirtschaftliche Lage
besonders in den kommunalen Kassen durch sinkendende Gewerbesteuereinnahmen
bemerkbar. Viele steuerpolitische Maßnahmen des Bundes, etwa Steuersenkungen zum
Abbau der kalten Progression oder das sogenannte Wachstumschancengesetz, haben
diese Lage erheblich verschärft. All dies trifft die niedersächsischen Kommunen
hart und vor Ort ist zunehmend die Handlungsfähigkeit in Gefahr. Der Druck für
schnelle politische Lösungen ist enorm hoch, auch weil sich vor Ort entscheidet,
ob unsere Gesellschaft in diesen Zeiten zusammensteht, ob Menschen den Wert
unserer Demokratie erkennen und ob wir die notwendige Transformation und damit
die Bekämpfung der Klimakrise wirklich schaffen.
Die Delegierten der Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen
Niedersachsen fordern die Regierungen in Bund und Land deshalb auf, eine
gerechte Verteilung von Aufgaben und Finanzierung zwischen Bund, Land und
Kommunen dringlich zu schaffen, um die nachhaltige Handlungsfähigkeit der
Städte, Gemeinden und Landkreise zu sichern.
1. Erhöhung des kommunalen Finanzausgleichs: Es ist und bleibt unser Ziel, die
Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich des Landes bedarfsgerecht anzuheben,
um den bestehenden Fehlbetrag von fast 2 Mrd Euro im Vergleich zu anderen
Bundesländern auszugleichen. Das muss jedoch notwendigerweise mit einer Stärkung
der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes einher gehen, da das Land dem
verfassungsrechtlichen Neuverschuldungsverbot unterliegt und über kaum
Möglichkeiten verfügt, die eigene Einnahmebasis zu verbreitern. In Zeiten der
Transformation braucht es mehr Geld im Staatshaushalt – von denen, die viel
haben. Die gesamtstaatliche Unterfinanzierung muss angefasst werden, denn auch
im Bund kann zurzeit mit den Handlungsspielräumen im Bundeshaushalt nicht
angemessen auf die dramatische Finanzsituation der Kommunen reagiert werden.
2. Stärkung und Verlässlichkeit des Konnexitätsprinzips: Das Land muss die
Kosten übernehmen, wenn es Aufgaben an die Kommunen überträgt. Gleiches muss
auch für den Bund gelten: Auch der Bund ist in der Verantwortung, die aufgrund
seiner Gesetzgebung bei den Kommunen entstehenden Ausgaben oder Mindereinnahmen
vollständig auszugleichen. Beim kommunalen Klimaschutz, bei sozialen Hilfen oder
bei der Integration geflüchteter Menschen werden Aufgaben längst dauerhaft vor
Ort erfüllt, ohne dass sie ausreichend finanziert werden. Im Bereich der
Sozialhilfe werden vor Ort zum Beispiel mit der Eingliederungshilfe, der Kinder-
und Jugendhilfe und den Hilfen zur Pflege wichtige Leistungen durch die Kommunen
ausgezahlt, die durch den Bund nicht angemessen gegenfinanziert werden. Hier
müssen Land und besonders auch der Bund die bestehenden Finanzierungslücken klar
benennen und schließen.
3. Kommunen in ihren Aufgaben entlasten: Viele Aufgaben der kommunalen Ebene
sind hier verortet, weil eine Nähe zu den Bürger:innen und eine Detailkenntnis
über die Realitäten vor Ort die Qualität der Aufgabenerledigung sicherstellt.
Das ist eine Stärke unseres föderalen Systems. In Zeiten der Digitalisierung
verändert sich der Kontakt von Bürger:innen zu Behörden stetig weiter und
entsprechend werden wir uns in Zukunft genau anschauen müssen, wie Aufgaben neu
verteilt werden können und welche Rolle unsere Städte, Gemeinden und Landkreise
dann vor Ort wahrnehmen können. Schon jetzt bietet die Digitalisierung einen
guten Anlass, um Arbeitsprozesse und Gesetzgebung auf Effizienz hin zu
überprüfen und den Arbeitsaufwand für die Kommunen so weit wie möglich zu
reduzieren. Trotzdem ist der Fachkräftemangel im hier und jetzt akut in den
kommunalen Verwaltungen. Aufgabenkritik muss deshalb ein wichtiger Bestandteil
von Gesetzgebungsprozessen weiter bleiben.
4. Unterstützung bei Infrastrukturprojekten: Die Kommunen müssen bei notwendigen
Investitionen in Infrastrukturprojekte wie Straßen, Schulen, Kindertagesstätten
und den öffentlichen Nahverkehr niedrigschwellig mit einfachen
Beantragungsverfahren für die Förderung unterstützt werden.Das größte Hemmnis
für diese Investitionen ist die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form und die
daraus resultierenden leeren Töpfe auf Bundes- und Landesebene. Solche
Bremsklötze müssen endlich aus dem Weg geräumt werden und ein breiter
Investitionsfonds für unsere öffentliche Infrastruktur auf den Weg gebracht
werden, der besonders in den Kommunen und den finanzschwachen Regionen ankommt.
5. Krankenhausfinanzierung muss Daseinsvorsorge sichern: Das Land Niedersachsen
stellt im Jahr 2024 mehr als 500 Millionen Euro für die Finanzierung von
Krankenhausinvestitionen bereit und soll auch langfristig Investitionen in ein
hochwertiges und zukunftsfähiges Krankenhaussystem sichern. Durch das neue
Krankenhausgesetz des Bundes wird der Betrieb von Krankenhäusern zwar
effizienter und setzt weniger profitorientierte Fehlanreize. Dennoch müssen
Bundesregierung und Krankenkassen ihren gesetzlichen Aufgabe nachkommen und für
eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung des Krankenhausbetriebs Sorge
tragen.
6. Masterplan für Katastrophen- und Küstenschutz: Angesichts der zunehmenden
Krisen, wie Klimawandel, Cyberangriffe und Naturkatastrophen, braucht
Niedersachsen einen durchfinanzierten Masterplan für den Katastrophen- und
Küstenschutz.